Finanzsystem am Abgrund BaFin verteidigt HRE-Rettung
30.07.2009, 10:41 UhrEin Zusammenbruch der Immobilienbank Hypo Real Estate im Herbst 2008 hätte nach Einschätzung der Finanzaufsicht BaFin das gesamte Weltfinanzsystem in den Abgrund gestürzt. "Sie wären am Montagmorgen aufgewacht und hätten sich im Film 'Apocalyse Now' befunden", so BaFin-Chef Sanio vor dem Untersuchungsausschuss.

BaFin-Präsident Sanio tritt in Berlin als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zur angeschlagenen Hypo Real Estate (HRE) auf.
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Der Chef der Bankenaufsicht BaFin, Jochen Sanio, hat Vorwürfe zurückgewiesen, nicht frühzeitig beim Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) eingegriffen zu haben. Obwohl die HRE zeitweise nur noch Liquidität für zehn oder elf Tage besessen habe, habe die Aufsicht die Bank zu dem Zeitpunkt nicht schließen können. Denn dafür gebe es in Deutschland keine gesetzliche Grundlage, sagte Sanio vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages. Er forderte die Politik auf, dies zu ändern, um eingreifen zu können, bevor eine Bank tatsächlich am Ende ist.
Die BaFin habe die HRE nur genau beobachten und eine Sonderprüfung anweisen können. Die Deutsche Bundesbank habe daraufhin geprüft. Sie habe dabei "nicht getrödelt" und einen "hervorragenden Prüfungsbericht" abgeliefert. Laut Sanio wurde die HRE dann Ende Juli 2008 aufgefordert, Missstände "mit Volldampf" zu beseitigen.
Weltfinanzsystem am Abgrund
Das Weltfinanzsystem habe im Herbst 2008 am Abgrund gestanden. Hätte man den Münchner Immobilienfinanzierer nicht gerettet, hätte es "den Weltuntergang des Finanzsystems" gegeben, sagte Sanio. "Am Montagmorgen wären Sie aufgewacht und hätten sich in dem Film 'Apocalypse now' befunden", rechtfertigte Sanio die damaligen Entscheidungen zur HRE-Rettung. Er bezog sich dabei auf das letzte Septemberwochenende: Privatbanken, Bundesbank, Finanzaufsicht und Bundesregierung schnürten damals nach langen Verhandlungen ein erstes HRE-Rettungspaket in Höhe von 35 Milliarden Euro.
Sanio bezeichnete den Ablauf der damaligen Rettungsgespräche als dramatisch. Die Lösung sei tatsächlich "auf den allerletzten Drücker" gefunden worden. Auf die Frage, ob es Alternativen zur HRE-Rettung gegeben habe oder eine preisgünstigere Lösung möglich gewesen sei, sagte Sanio: "Die Antwort ist nein. Sie ist ein dreifaches Nein."

Großes Medieninteresse an Deutsche-Bank-Präsident Ackermann, der ebenfalls Rede und Antwort stehen musste.
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Die Opposition wirft Bankenaufsicht und Bundesregierung vor, nicht rechtzeitig auf Warnhinweise in Sachen HRE reagiert zu haben. Die HRE war nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers ins Schlingern geraten, weil die misstrauisch gewordenen Banken einander kaum noch kurzfristige Kredite gaben. Die irische HRE-Tochter Depfa plc war aber für langfristige Projekte stark auf kurzfristige Darlehen von anderen Banken angewiesen. Inzwischen wurde die HRE mit mehr als 100 Milliarden Euro gerettet. Heute ist sie fast vollständig in Bundeshand.
Bundesbank zockte bis zuletzt

Eine Lichtprojektion des Künstlers Oliver Bienkowski an der Fassade der Zentrale der Hypo Real Estate in München vom April 2009.
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Nach Informationen des "Handelsblattes" wäre eine Pleite der HRE auch die Bundesbank und die BaFin teuer zu stehen gekommen. Die Bundesbank habe ausgerechnet am HRE-Rettungswochenende im vergangenen September selbst rund 2,3 Milliarden Euro bei der HRE angelegt, davon 5 Millionen für die BaFin, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen als geheim eingestuften Bericht der Bundesbank.
Quelle: ntv.de, dpa