"Zusage zu machen, reicht nicht" Baerbock: Bei Taurus-Lieferung liegt Teufel im Detail
22.08.2023, 14:50 Uhr Artikel anhören
Vor der Lieferung der Marschflugkörper müssten eine Reihe technischer Fragen geklärt werden, sagt Baerbock.
(Foto: picture alliance/dpa)
Noch immer ist nicht entschieden, ob Deutschland der Ukraine die geforderten Taurus-Marschflugkörper liefern wird. Außenministerin Baerbock verteidigt die intensive Prüfung als Lehre aus der Vergangenheit: Kiew brauche mehr als das bloße Versprechen der Lieferung.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die intensive Prüfung einer von der Ukraine gewünschten Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern durch die Bundesregierung verteidigt. Man habe in den vergangenen eineinhalb Jahren des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erlebt, "dass es nicht ausreicht, einfach Zusagen zu machen, sondern dass wir auch dafür sorgen müssen, dass diese Zusagen dann schnellstmöglich eingehalten werden können", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit Estlands Außenminister Margus Tsahkna in Berlin.
Man habe zudem gelernt, "wie wir uns besser als internationale Gemeinschaft, als Europäer verständigen können, wer was liefert, wer wo Kompetenzen hat", ergänzte Baerbock. So reiche die Lieferung von Marschflugkörpern allein nicht aus. "Sie müssen ja auch irgendwo angebracht werden. Deswegen ist es erneut keine Frage, die man einfach mal so schnell klären kann. Sondern es muss intensiv alles Technische geprüft werden."
Entscheidendes Argument sei, wie man dafür sorgen könne, dass die Ukraine den von Russland gelegten riesengroßen Minengürtel vor allem im Osten des Landes überwinden könne, sagte Baerbock. Es müsse geklärt werden, "dass das Ganze dann auch funktioniert". Daran werde mit Hochdruck gearbeitet. Die Ministerin sagte: "Die Lehre der letzten anderthalb Jahre ist auch, nicht erst mal schnell was sagen und versprechen, sondern die technischen Fragen alle klären. Weil: Wie so oft liegt auch da wieder mal der Teufel im Detail."
Baerbock sieht Drohnenangriffe auf Moskau gerechtfertigt
Aktuell schieße Russland teils über die ukrainischen Kräfte, die ein Stück Land verteidigt und Menschen befreit hätten, wieder Minen hinweg, sagte die Außenministerin. Deswegen habe die Ukraine deutlich gemacht, dass sie Material brauche, um diese Minenfelder zu überwinden. "Die ukrainischen Kräfte sind dann sogar eingeschlossen in diesem Umfeld." Es gebe Schätzungen, nach denen die Minenfelder die Größe Westdeutschlands hätten.
Bundeskanzler Olaf Scholz zögert nach wie vor, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Raketen zur Verfügung stellen soll. Taurus ist eine Mittelstrecken-Rakete aus deutscher Herstellung mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern. Scholz hat sein Zögern bislang damit begründet, dass mit den Raketen keine Ziele in Russland selbst angegriffen werden dürften, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen. Deswegen soll die Industrie prüfen, ob die Reichweite der Raketen nicht auch reduziert werden kann.
Baerbock hielt dem entgegen, dass die Ukraine von ihrem Grenzgebiet zu Russland im Norden aus ohnehin bereits mit Raketen Ziele in Russland beschießen könnte. Insofern sei die Frage der Reichweite nicht entscheidend, sagte sie.
Russisches Gebiet wird bereits mit Drohnen angegriffen, seit einigen Wochen mehren sich die Angriffe, vor allem auf die russische Hauptstadt. Russland macht Kiew für die Angriffe verantwortlich, die Ukraine macht in der Regel keine Angaben dazu. Baerbock sieht die Drohnenangriffe auf Moskau durch das internationale Recht gedeckt. "Russland hat die Ukraine angegriffen" und "die Ukraine verteidigt sich im Rahmen des internationalen Rechts", sagte Baerbock.
Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts/AFP