Taurus-Lieferungen an Kiew Berlin "spürt keinen Druck" nach F-16-Zusage
21.08.2023, 17:29 Uhr Artikel anhören
Der Luft-Boden-Marschflugkörper Taurus, hier vor einem Tornado-Kampfjet, hat eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Soll Deutschland der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern? Bisher zögert Kanzler Scholz – aus Sorge, Kiew könnte damit Ziele in Russland angreifen. Nun erhält die Ukraine von den Niederlanden und Dänemark eine Zusage für die F-16-Kampfjets, die ebenfalls bis nach Russland fliegen können. Unter Zugzwang sieht sich Berlin trotzdem nicht.
Nach der Zusage von F-16-Kampfjets an die Ukraine durch die Niederlande und Dänemark sieht sich die Bundesregierung bei der Frage der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern nicht unter Zugzwang. Die Regierung äußere sich generell nicht zu dem, "was andere liefern", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. "Genauso wenig spüren wir da auch einen Druck."
"Wichtig ist, dass die Ukraine nach Kräften unterstützt wird", sagte er weiter. Deutschland sei dabei "nach den USA der stärkste auch militärische Unterstützer". Bundeskanzler Olaf Scholz habe deutlich gemacht, dass er entschlossen sei, mit dieser Unterstützung fortzufahren, "so lange wie es nötig ist".
In der Ampel-Koalition fordern vor allem Vertreter der FDP und der Grünen, die Ukraine auch mit den reichweitenstarken Taurus-Marschflugkörpern zu versorgen. Aus der SPD kommen hingegen Warnungen vor einer drohenden Eskalation des Konflikts, da das Waffensystem mit seiner Reichweite von mehr als 500 Kilometern auch russisches Staatsgebiet erreichen kann. Scholz will sich bisher nicht auf die Lieferung festlegen und kündigte eine sorgfältige Prüfung an. Ob diese bereits vor der geplanten Kabinettsklausur kommende Woche in Meseberg abgeschlossen sein wird, konnte Hebestreit nicht sagen. "Da habe ich im Augenblick gar keinen Zeitplan", sagte er. "Wichtig ist, dass es im Augenblick keinen neuen Stand dazu gibt."
Auch F-16 können bis nach Russland fliegen
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bekräftigte ihre Forderung nach der Lieferung der Taurus-Marschflugkörper. "Das Argument aus dem Kanzleramt, die Taurus könne bis nach Russland fliegen, trifft auch auf die F-16-Kampfjets zu", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dieses Argument unterstelle der Ukraine, die zugesagt hat, mit westlichen Waffen kein russisches Staatsgebiet anzugreifen, "nicht zuverlässig zu sein". Es sei an der Zeit, "dass das Bundeskanzleramt der Bitte aus der Ukraine nachkommt".
Bei Kampfflugzeugen hat die Bundesregierung schon vor Monaten klar gemacht, dass sie sich hier wegen fehlender F-16-Maschinen im Bestand nicht gefragt fühlt. Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz hatte aber im Mai eine Unterstützung der Kampfjet-Koalition um die Niederlande und Dänemark etwa "bei Infrastruktur oder auch Ausbildung" nicht ausgeschlossen. Hebestreit konnte hierzu keinen aktuellen Stand nennen.
"Auch Deutschland sollte seinem Führungsanspruch nachkommen und die F-16-Allianz unterstützen, auch wenn wir selbst keine Kampfflugzeuge liefern", sagte der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter nun den RND-Zeitungen. "Wir können insbesondere die Logistik unterstützen und durch Flugabwehr schützen."
Strack-Zimmermann sagte laut RND zu der Frage der Unterstützung der Kampfjet-Allianz, die Bundesregierung könne "den Partnern Flughäfen in Deutschland als Drehscheibe zur Verfügung stellen". Auch bei der theoretischen Grundausbildung ukrainischer Piloten könne die Bundeswehr helfen.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP