In der Nacht nach Australien Baerbocks Airbus kann doch noch weiterfliegen
14.08.2023, 20:14 Uhr Artikel anhören
Drei Minuten nach dem Abheben hatte der Flugkapitän einen Defekt beim Einfahren der Klappen festgestellt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Regierungsflieger kommen wegen Pannen öfter nicht zum Ziel. Erneut sorgt ein technischer Defekt an einem Airbus dafür, dass Außenministerin Baerbock am Morgen ihre Reise von Abu Dhabi nach Australien zunächst nicht antreten kann. Doch jetzt ist das erlösende "Ok" doch noch da.
Außenministerin Annalena Baerbock kann ihre einwöchige Reise durch Australien, Neuseeland und Fidschi wohl doch antreten, wenn auch mit Verspätung. Zuvor wurde Baerbock durch einen technischen Defekt an einem Airbus ausgebremst. "Wir freuen uns, dass wir die unterbrochene Reise nach Australien heute Nacht fortsetzen können", hieß es gegenüber laut ntv-Chefreporter Christian Wilp gegenüber der Delegation am frühen Abend. Die Landung sei demnach in Sydney vorgesehen, das Reiseprogramm werde entsprechend angepasst. Da das Ersatzsystem funktioniert, könne der Pannenflieger nun doch starten.
Wilp hatte am Morgen in der Maschine vom Typ A340-300 gesessen, in der Baerbock mit ihrer Delegation sowie weiteren Journalisten von der Startbahn in Abu Dhabi aufbrechen wollte. Schon vor dem Start dauerte das routinemäßige Auftanken des Luftwaffen-Airbus länger als geplant. Als die Maschine abhob, blieben die Anschnallzeichen ungewöhnlich lange angeschaltet. Auf den Flugmonitoren war zu sehen, dass die Maschine Kreise flog.
Er habe "nicht ganz so gute Neuigkeiten", habe der Kapitän des A340 seine Hiobsbotschaft im Bordfunk eingeleitet, berichtet Wilp. Die Durchsage brachte Klarheit: Die Grünen-Politikerin war schon wieder Opfer einer Panne bei einem Regierungsflugzeug geworden.
"Nichts funktioniert mehr"
Die Stimmung an Bord habe zwischen Ungläubigkeit und Fatalismus geschwankt, so Wilp. "Nicht schon wieder", hätten alle gedacht. Schließlich habe jeder Journalist und jede Journalistin bereits die ein oder andere Panne mit der Flugbereitschaft mitgemacht: "Wie peinlich. 'Made in Germany' komplett am Boden. Nichts funktioniert mehr."
Drei Minuten nach dem Abheben um 3.33 Uhr Ortszeit (1.33 Uhr MESZ) hatte der Flugkapitän einen Defekt beim Einfahren der Klappen festgestellt. Nachdem die Crew in einem zweistündigen Manöver über dem Wüstenemirat und dem Meer rund 80 Tonnen Kerosin aus der vollgetankten Maschine abgelassen hatte, war Baerbock um 5.33 Uhr Ortszeit wieder in Abu Dhabi gelandet.
Dass die Klappen nicht wie nötig vollständig und synchron eingefahren werden konnten, verhinderte, dass das Flugzeug die normale Reiseflughöhe und -geschwindigkeit erreichen konnte. Zudem erhöhte sich der Kerosinverbrauch. Das Flugzeug war für den knapp 14-stündigen Flug voll getankt und mit einem maximalen Startgewicht von 271 Tonnen in Abu Dhabi gestartet. Für die Landung musste es auf ein Gewicht von unter 190 Tonnen kommen.
Auch Merkel und Scholz haben Pannenflieger genutzt
Nach der Landung begleitete die Flughafenfeuerwehr den Airbus. Der Flugkapitän sprach von einer normalen Landung, die für eine solche Situation im Simulator regelmäßig geübt werde. Er habe die Begleitung durch die Feuerwehr nicht beantragt. Der Kapitän sagte auch, er sei seit 35 Jahren Pilot und seit 30 Jahren bei der Flugbereitschaft. Ein solcher Fehler sei in der ganzen Zeit noch nicht aufgetreten. Demnach war eine der beiden hinteren Landeklappen defekt.
Wilp selbst saß erst vor einem Jahr mit der Flugbereitschaft fest. Damals war der ntv-Chefreporter mit Bundesfinanzminister Christian Lindner unterwegs und musste in der US-Hauptstadt Washington eine Zwangspause einlegen. Erst mit einem Tag Verspätung war eine Ersatzmaschine verfügbar.
Ähnlich lief es mit der früheren Kanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Finanzminister Olaf Scholz mit einem Flugzeug namens "Konrad Adenauer" auf dem Weg zum G20-Gipfel ins argentinische Buenos Aires: Im November 2018 schaffte es der Regierungsflieger nur bis Köln/Bonn, weil die Elektronik ausfiel. Das deutsche Regierungsduo flog anschließend Linie nach Argentinien weiter. Kurios: Es war derselbe Flieger, der nun in Abu Dhabi auch Baerbock hängen ließ. Denn modernere Regierungsflieger des Typs "A350 waren aufgrund anderer Aufträge nicht verfügbar", wie die Luftwaffe auf Twitter mitteilt.
2018 knabberten Nagetiere "Konrad Adenauer" an
Baerbocks Flug nach Australien war ursprünglich mit der Schwestermaschine der früheren "Konrad Adenauer" geplant, einer nahezu baugleichen A340-300. Diese war jedoch ebenfalls kaputt. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte unterdessen in Berlin, das Ende der Nutzung der fraglichen Maschine vom Typ A340-300 sei für Ende September vorgesehen.
Mit Regierungsfliegern gab es noch weitere Pannen. Im Oktober 2018 knabberten Nagetiere bei einem Stopp in Indonesien wichtige Kabel der "Konrad Adenauer" an. Scholz kehrte damals als Finanzminister per Linienflug von der Tagung des Internationalen Währungsfonds zurück. Im Dezember 2016 strandete die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf dem Weg nach Mali. Wegen eines Computerproblems bei ihrem A340 in der nigerianischen Hauptstadt Abuja musste sie dort übernachten.
Auch Baerbock hat in gut anderthalb Jahren als Außenministerin bereits Erfahrung mit den pannenanfälligen Maschinen der Luftbereitschaft gemacht. Die Außenministerin war Mitte Mai mit einem Reifenschaden bei ihrer Maschine in Doha im Wüsten-Emirat Katar gestrandet und musste ihre Reise in die Golfregion unfreiwillig verlängern, denn auch der Ersatzflieger machte schlapp.
Rückgabe von Kulturgütern in Australien geplant
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte in Berlin auf eine Frage nach der Einsatzbereitschaft der Flugbereitschaft: "Die Flugbereitschaft der Bundeswehr macht einen hervorragenden Job", die Flugzeuge würden "hervorragend gewartet".
Baerbock selbst wollte sich zunächst nicht öffentlich zu dem Vorfall äußern. Ursprünglich wollte sie am Montagabend gegen 22.30 Uhr Ortszeit (14.25 MESZ) in der australischen Hauptstadt Canberra landen. Am Dienstagvormittag Ortszeit sollte das Programm mit der Rückgabe von Kulturgütern aus der Kolonialzeit an das indigene Volk der Kaurna in Australien beginnen.
Die Objekte des Grassi Museums in Leipzig - ein Holzschwert, ein Speer, ein Fischnetz und eine Keule - haben sakralen, kulturellen und identitätsstiftenden Wert für das Kaurna-Volk. Aus der Delegation hieß es, es handele sich nicht um Raubgut, sondern um Objekte, die damals von den Kaurna deutschen Missionaren übergeben worden seien.
Quelle: ntv.de, lve/dpa