In Belgien und Frankreich Behörden verbieten Corona-"Freiheitskonvois"
10.02.2022, 16:28 Uhr
Am Mittwoch waren bereits mehrere Konvois in Nizza, Bayonne und Perpignan gestartet.
(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)
Gegner der Corona-Maßnahmen in Belgien und Frankreich finden eine neue Art des Protests: Mit von ihnen sogenannten Freiheitskonvois wollen sie die Hauptverkehrsstraßen großer Städte blockieren. Allerdings schieben ihnen die Regierungen in Paris und Brüssel schnell einen Riegel vor.
In Frankreich und Belgien sind die angekündigten "Freiheitskonvois" von Gegnern der Corona-Maßnahmen verboten worden. Die Polizei sei darauf vorbereitet, die Blockade von Hauptverkehrsstraßen zu verhindern, Strafzettel auszustellen und "diejenigen festzunehmen, die gegen das Protestverbot verstoßen", teilte die Polizeipräfektur in Paris mit. Tausende Kritiker der Corona-Beschränkungen wollten nach dem Vorbild der kanadischen Lkw-Fahrer ab dem heutigen Freitagabend in Paris und am Montag in Brüssel protestieren. Am Mittwoch waren bereits mehrere Konvois in Nizza, Bayonne und Perpignan gestartet.
Die Pariser Polizei kündigte ein entschlossenes Vorgehen gegen die Proteste an und verwies darauf, dass die Behinderung des Verkehrs mit bis zu zwei Jahren Haft und Geldstrafen in Höhe von 4500 Euro geahndet werden könne. Die Drohungen schreckten einige Protestierende jedoch offensichtlich nicht ab. So sagte etwa der 27-jährige Adrien Wonner aus der Normandie: "Wir werden zur Hauptstadt fahren, egal was passiert." Die Demonstranten wollten lediglich "gehört werden", keine Blockaden errichten.
Die Organisatoren dieser offenbar wachsenden Bewegung sehen sich in der Tradition der "Gelbwesten" - einer Protestbewegung, die Ende 2018 von steigenden Treibstoffpreisen ausgelöst worden war. Ein bestimmter Treffpunkt für die Konvois wurde von den Teilnehmern, die sich über die Onlinenetzwerke organisieren, nicht genannt. Offenbar ist nicht zwingend geplant, tatsächlich in die Hauptstadt Paris hineinzufahren.
Rémi Monde, einer der Initiatoren der Bewegung, sagte, nach ergebnislosen Demonstrationen "wollen wir etwas anderes ausprobieren und sehen, wie die Regierung auf friedliche und fröhliche Menschen reagiert". Die Demonstranten wollten sich am Abend in Paris treffen. Einige kündigten an, anschließend nach Brüssel weiterzufahren, um dort am Montag ein europäisches Treffen abzuhalten.
Protest richtet sich auch gegen Impfpass
Allerdings verboten dann auch die belgischen Behörden die sogenannten Freiheitskonvois. Für die Veranstaltung sei keine Genehmigung beantragt worden, erklärte Brüssels Bürgermeister Philippe Close. Das Verbot sei mit dem belgischen Innenministerium abgestimmt worden. Demnach soll die belgische Polizei an der Grenze Fahrzeuge aus dem Ausland auf dem Weg nach Brüssel kontrollieren. In Frankreich richtete sich der Protest insbesondere gegen den Impfpass für Menschen über 16 Jahren. Damit sind weite Bereiche des öffentlichen Lebens nur noch Geimpften und Genesenen zugänglich. Die Impfpass-Pflicht gilt in Restaurants und Bars, Freizeitstätten und in überregionalen öffentlichen Verkehrsmitteln.
Regierungssprecher Gabriel Attal hatte jüngst erklärt, es gebe "Anlass zur Hoffnung", dass "Ende März, Anfang April" die Impfpass-Pflicht wegfallen könne. Christophe Castaner, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei LREM, sagte dem Radiosender RTL, er sei sich der "Müdigkeit und des Überdrusses" der Menschen in der Pandemie bewusst. Er verurteilte jedoch die Konvois. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National bezeichnete die Forderungen der Demonstranten hingegen als "vollkommen legitim". Die Linkspartei La France Insoumise ermutigte ihre Anhänger, sich der Bewegung anzuschließen.
Auch in Deutschland stieß die neue Protestbewegung auf Kritik. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete die Konvois als "hochproblematisch". "Aber ich bleibe dabei: Der Staat darf sich nicht erpressen lassen", sagte Lauterbach am Rande eines Treffens der EU-Gesundheitsminister in Grenoble. "Wir können nicht sagen, wir überlassen ältere Menschen dem Risiko, weil wir Angst vor den Protestierenden haben." Die Proteste sind offenbar von den Demonstrationen in Kanada inspiriert. In der Hauptstadt Ottawa protestieren Lkw-Fahrer seit anderthalb Wochen unter der Selbstbezeichnung "Freiheitskonvoi" gegen die Corona-Maßnahmen.
Die Stadtverwaltung rief wegen der andauernden Straßenblockaden mit riesigen Trucks inzwischen den Ausnahmezustand aus. Auch auf Neuseeland schwappte die Protestbewegung offenbar über. Dort waren am Dienstag zahlreiche Fahrzeuge im Zentrum Wellingtons aufgefahren und hatten wichtige Straßen verstopft. Bei Zusammenstößen zwischen Gegnern der Corona-Impfpflicht und der Polizei wurden am Donnerstag mehr als 120 Demonstranten festgenommen.
Quelle: ntv.de, lve/AFP