Politik

Kiew kritisiert Maßnahme der USA Berlin zieht vorerst keine Botschaftsmitarbeiter ab

Baerbock traf sich in Brüssel mit den Außenministern der EU.

Baerbock traf sich in Brüssel mit den Außenministern der EU.

(Foto: imago images/photothek)

Anders als die USA und Großbritannien sieht Deutschland noch keine Notwendigkeit, das Personal an der Botschaft in der Ukraine zu reduzieren. Die Lage werde jedoch permanent evaluiert, sagt Außenministerin Baerbock. Auch Kiew selbst hält den Abzug von Diplomaten für "verfrüht".

Anders als die USA und Großbritannien hat die Bundesregierung bisher keine Entscheidung zum Abzug deutscher Diplomaten aus der Ukraine getroffen. Das machte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Rande eines Treffens mit ihren EU-Kollegen in Brüssel deutlich. Sie deutete allerdings auch an, dass sie einen solchen Schritt derzeit nicht für förderlich halte: "Wir dürfen nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage beitragen", warnte Baerbock.

Das Auswärtige Amt stelle Familienangehörigen von deutschen Diplomatinnen und Diplomaten in der Ukraine allerdings die Entscheidung zur Ausreise frei. Die Rückreise nach Deutschland könne auf freiwilliger Basis erfolgen, sagte ein Außenamtssprecher in Berlin. Die Kosten für die Rückreise würden vom Auswärtigen Amt beziehungsweise von anderen Arbeitgebern getragen.

"Die Sicherheit von Mitarbeitenden hat oberste Priorität", sagte Baerbock als Dienstherrin des Auswärtigen Amtes. Deshalb gebe es am Montag "eine krisenvorsorgende Sitzung mit Blick auf deutsche Staatsgehörige beziehungsweise Mitarbeitende in der Ukraine". Solche Überprüfungen habe es bereits in der Vergangenheit gegeben. Entscheidend sei aus deutscher Sicht aber gerade die wirtschaftliche Stabilität der Ukraine. Es seien auch deutsche Unternehmen vor Ort. Die Lage dürfe deshalb "nicht zu einer Verunsicherung mit Blick auf Investitionen in die Ukraine genutzt werden", unterstrich sie.

Zurückhaltend äußerte sich Baerbock zu einem möglichen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, sollte es zu einem Einmarsch in der Ukraine kommen: Sie sei der Ansicht, dass "der härteste Knüppel nicht immer das intelligenteste Schwert am Ende sein wird". Die EU müsse gemeinsam mit Partnern wie den USA Finanzmaßnahmen so überprüfen, dass sie die größte Wirkung entfalten.

Kiew nennt Botschafts-Abzug "verfrüht"

Die USA hatten zuvor mitgeteilt, ihre Botschaftspräsenz in Kiew angesichts der angespannten Lage im Ukraine-Konflikt zu verringern. Die freiwillige Ausreise nicht unmittelbar benötigter Beschäftigter wegen der anhaltenden Bedrohung durch russische Militäraktionen sei genehmigt worden, teilte das US-Außenministerium mit. Familienangehörige von Diplomatinnen und Diplomaten wurden aufgefordert, die Ukraine zu verlassen.

Auch Großbritannien zieht Mitarbeiter aus seiner Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ab. "Einige Mitarbeiter" der Botschaft und ihre Angehörigen "ziehen sich als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland aus Kiew zurück", erklärte das britische Außenministerium. Die britische Botschaft bleibe offen und werde weiterhin ihre Kernaufgaben wahrnehmen.

Die Ukraine selbst bezeichnete den Schritt der USA als "verfrüht". Es handle sich um "übertriebene Vorsicht", erklärte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleg Nikolenko. In letzter Zeit habe es "keine radikalen Veränderungen" in der Sicherheitslage in der Ost-Ukraine gegeben. Russland unternehme "derzeit aktive Anstrengungen, um die innenpolitische Lage in der Ukraine zu destabilisieren", warnte Nikolenko. Medien verbreiteten "Falschinformationen", um "Panik unter Ukrainern und Ausländern zu säen". Es sei daher wichtig, "die Risiken nüchtern zu betrachten und Ruhe zu bewahren".

EU wartet ab

Die EU sieht im Gegensatz zu den USA und Großbritannien derzeit keinen Grund dafür, Botschaftspersonal und Familienangehörige von Diplomaten zur Ausreise aus der Ukraine aufzufordern. "Ich denke, nicht, dass wir dramatisieren müssen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande des EU-Außenministertreffens. Solange noch Verhandlungen mit Russland liefen, glaube er nicht, dass man die Ukraine verlassen müsse. Zugleich räumte Borrell ein, dass sich die Situationseinschätzung ändern könne. US-Außenminister Antony Blinken, der per Videokonferenz zum EU-Treffen zugeschaltet werden sollte, werde die US-Ankündigung erklären, sagte der Spanier.

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die NATO-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Erklärtes Ziel Russlands ist es etwa, dass die NATO auf eine weitere Osterweiterung verzichtet und ihre Streitkräfte aus östlichen Bündnisstaaten abzieht. Die NATO, aber auch die EU, lehnen diese Forderungen als inakzeptabel ab.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen