Winziger SPD-Vorsprung zu Grünen Berliner Wahlleiter erwägt Neuauszählung
13.02.2023, 13:09 Uhr
"Es ist in der Tat ein sehr geringer Abstand", sagt der Landeswahlleiter.
(Foto: dpa)
Gerade einmal 105 Stimmen trennen SPD und Grüne nach der Wiederholungswahl in Berlin. Juristen sollen nun prüfen, ob nochmal gezählt werden muss. Schwierig wird die Regierungsbildung in jedem Fall.
Angesichts des denkbar knappen Vorsprungs der SPD bei der Berliner Wiederholungswahl prüft der Landeswahlleiter eine Neuauszählung. "Wir werden uns die Zahlen nochmal genau angucken und das mit unseren Juristen besprechen", sagte Wahlleiter Stephan Bröchler. Nach dem vorläufigen Ergebnis liegen SPD und Grüne beide bei 18,4 Prozent der Stimmen, die SPD hat aber einen hauchdünnen Vorsprung von 105 Stimmen.
"Es ist in der Tat ein sehr geringer Abstand", so Bröchler. Er gehe davon aus, dass sich die Frage einer Neuauszählung in dieser Woche entscheide. Der stellvertretende Landeswahlleiter Roland Brumberg gab zu bedenken: "Allein ein knappes Ergebnis rechtfertigt keine Nachzählung." Als "generelle Regelung" nach einer Wahl überprüften jetzt die Bezirkswahlleitungen noch einmal die Wahlergebnisse. Diese könnten eine Nachzählung anordnen, allerdings ist diese laut Brumberg nur "gesetzlich eingeschränkt vorgesehen".
Eine Nachzählung könne nur angeordnet werden, wenn es konkrete Anhaltspunkte für ein falsches Ergebnis oder eine falsche Zählung gibt. Denn "man möchte nicht, dass am Ende die Verwaltung nochmal alles nachzählt", sagte Brumberg. Die Wahlvorstände sollen unabhängig sein.
In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse dem Landeswahlausschuss vorgelegt, welcher am 27. Februar tagt. Dieser kann auch Nachzählungen anordnen, wenn er dem stellvertretenden Landeswahlleiter zufolge "Vorlagen der Bezirke nicht für schlüssig hält". Es müsse jedoch auch hier wieder konkrete Anhaltspunkte für fehlerhafte Zählungen geben. Es gebe im Moment aber "keine konkreten Hinweise" für solche Fehler, betonte Brumberg.
Die CDU hatte 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent) der Stimmen bekommen - das stärkste Ergebnis seit gut 20 Jahren in der Hauptstadt. "Der Regierungsauftrag liegt klar bei uns", sagte Spitzenkandidat Kai Wegner. "Die Berlinerinnen und Berliner haben den Wechsel gewählt." Die SPD schnitt mit 18,4 Prozent so schlecht ab wie seit 1950 nicht (2021: 21,4). Die Grünen, die seit 2016 mit Linken und SPD regieren, erreichten ebenfalls 18,4 Prozent (18,9). Die AfD legte auf 9,1 zu (8,0). Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog (7,1).
Wahlforscher Thorsten Faas erwartet nun eine langwierige Regierungsbildung. Trotz der hohen Zugewinne der CDU sei es schwierig, aus dem Wahlergebnis ein "Regierungssignal" herauszulesen, sagte Faas. "Der Ball liegt bei der Union. Aber ob es ihr gelingt, eine Mehrheit zu bilden, ist mehr als offen." Der bisherige Senat werde in der Zwischenzeit im Amt bleiben. "Sollte sich eine der beiden Parteien für einen Wechsel zur CDU entscheiden, dann wird es für Grün oder Rot ein schwieriger Gang, weil das eigentlich gefühlt der politische Gegner ist", sagte der Politikprofessor an der Freien Universität Berlin.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/AFP