Jeder kann ein Bier trinken Berlusconi und die Flüchtlinge
24.01.2009, 15:52 UhrMit Äußerungen über das Flüchtlingslager auf der Mittelmeerinsel Lampedusa hat Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi Unmut und Verwunderung ausgelöst. Die Insassen des Lagers seien auf die Straße gegangen, wie sie es immer machten, sagte Berlusconi als Reaktion auf einen Ausbruch von 700 Flüchtlingen aus dem Lager. "Das ist kein Konzentrationslager", sagte Berlusconi. Es stehe den illegalen Einwanderern in dem Lager frei, jederzeit "ein Bier trinken zu gehen".
Eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks widersprach der Darstellung und betonte, die Asylsuchenden dürften das Lager nicht einfach verlassen. Falls diese Regelung seit Freitag geändert worden sei, sei das UNHCR darüber zumindest nicht informiert worden. Ein Sprecher von Ärzte ohne Grenzen betonte, das Auffanglager sei bewacht und niemand könne es auf eigene Faust verlassen. Dies könnten alle Organisationen bestätigen, die dort arbeiteten.
Applaus der Bevölkerung
Rund 700 Flüchtlinge hatten am Samstag nach den Worten von Bürgermeister Bernardino De Rubeis die Zäune um das Auffanglager überwunden und im Stadtzentrum von Lampedusa gegen die neuen beschleunigten Abschiebeverfahren der italienischen Regierung demonstriert. Die Inselbewohner solidarisierten sich mit den Flüchtlingen. Einige von ihnen applaudierten und schlossen sich dem Protestzug an, berichtete der Bürgermeister. Bis zum Nachmittag kehrten alle Flüchtlinge in das Lager zurück.
Das Flüchtlingslager ist seit Tagen hoffnungslos überfüllt. Obwohl es nur für 850 Menschen ausgelegt ist, waren dort in den vergangenen Tagen zeitweise mehr als 1800 Menschen untergebracht. Am Samstag waren es noch 1300. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR müssen hunderte Flüchtlinge in dem Lager unter Plastikplanen im Freien schlafen.
Die kleine Insel Lampedusa, die rund 200 Kilometer südlich von Sizilien liegt, ist ein Hauptanlaufpunkt für Bootsflüchtlinge aus Afrika. Im vergangenen Jahr trafen dort nach Angaben des italienischen Innenministeriums knapp 31.700 Flüchtlinge ein und damit 75 Prozent mehr als im Vorjahr. Die zum Großteil aus Afrika stammenden Flüchtlinge fahren meist in nicht hochseetauglichen Booten über das Mittelmeer, um in die Europäische Union zu gelangen. Dabei kamen 2008 nach Schätzungen der Hilfsorganistion Fortress mindestens 1500 Menschen ums Leben.
Quelle: ntv.de