"Weil Menschen nicht aufpassen" Biden erwartet 250.000 weitere Corona-Tote
03.12.2020, 07:50 Uhr
Gemessen in absoluten Zahlen sind die USA das von der Corona-Krise gesundheitlich am schwersten betroffene Land der Erde. Der gewählte US-Präsident Joe Biden rechnet mit Hunderttausenden weiteren Toten in den kommenden Monaten - wenn keine geeigneten Maßnahmen ergriffen würden.
Der gewählte US-Präsident Joe Biden hat die Amerikaner vor dramatisch steigenden Todeszahlen in der Corona-Pandemie gewarnt und eindringlich zu Schutzmaßnahmen aufgerufen. "Ich will niemandem Angst einjagen, aber verstehen Sie die Fakten: Wir werden zwischen jetzt und Januar wahrscheinlich weitere 250.000 Menschen verlieren", sagte Biden bei einer Online-Veranstaltung mit Mitarbeitern und Besitzern kleiner Unternehmen. "Verstehen Sie mich? Weil die Menschen nicht aufpassen." Die Ausbreitung des Virus müsse eingedämmt werden.
Biden machte keine Angaben dazu, worauf er seine Schätzung von 250.000 weiteren Toten begründet. Nach Statistiken der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hat das Coronavirus seit Beginn der Pandemie mehr als 270.000 Menschen in den USA das Leben gekostet. Ein Modell von Forschern des Instituts IHME der Universität Washington im US-Bundesstaat Seattle rechnet im Fall gelockerter Schutzmaßnahmen mit mehr als 502.000 Toten bis Ende Januar, im Fall schärferer Schutzmaßnahmen mit mehr als 367.000. Dieses Modell wurde in der Vergangenheit auch mehrfach vom Weißen Haus angeführt.
Die kommenden Monate "werden hart sein"
Der Chef der Gesundheitsbehörde CDC, Robert Redfield, sagte bei einer Veranstaltung der US-Handelskammer: "Unglücklicherweise glaube ich, dass wir vor Februar in der Nähe von 450.000 Virus-Toten sein könnten." Das sei aber nicht ausgemacht, sondern hänge davon ab, inwiefern sich die Amerikaner an Schutzmaßnahmen hielten. "Die Realität ist: Dezember und Januar und Februar werden hart sein. Ich glaube sogar, dass es die schwierigsten Zeiten in der öffentlichen Gesundheitsgeschichte dieser Nation sein werden."
Im Amtssitz des scheidenden Präsidenten Donald Trump hält man trotz der CDC-Warnungen an Feiern über die Weihnachtstage fest, wie die Sprecherin des Weißen Hauses am Mittwoch deutlich machte. "Wenn man Geschäfte plündern, Gebäude niederbrennen und protestieren kann, kann man auch zu einer Weihnachtsfeier gehen", sagte Kayleigh McEnany bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
McEnany spielte darauf an, dass die Demokraten zwar öffentliche Veranstaltungen Trumps in der Pandemie kritisieren würden, nicht aber die - überwiegend friedlichen - Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Die Feiern würden verantwortungsvoll und mit Schutzmaßnahmen abgehalten, betonte sie. Trump hat die Bedrohung durch das Virus immer wieder heruntergespielt.
Die Gesundheitsbehörde CDC rät von Reisen und Familienbesuchen rund um alle Feiertage im Dezember dringend ab. "Der beste Weg, sich selbst und andere zu schützen, ist, Reisen zu verschieben und zu Hause zu bleiben", sagte CDC-Mitarbeiter Henry Walke bei einer telefonischen Pressekonferenz. "Wir müssen dieses exponentielle Wachstum stoppen, und deswegen bitten wir die amerikanische Bevölkerung, Infektionen vorzubeugen und Reisen zu verschieben."
Viele ignorierten Warnungen
Bereits zu Thanksgiving in der vergangenen Woche hatte die CDC von Familienbesuchen und Reisen dringend abgeraten. Viele Menschen hielten sich jedoch nicht daran. Zu Thanksgiving kommen in den USA traditionell Familien in großer Runde und auch große Freundeskreise zusammen - aber auch zu Weihnachten und anderen Feiertagen im Dezember gibt es normalerweise große Zusammenkünfte.
In den USA verzeichnen die Behörden jüngst 199.988 neue Infektionen binnen 24 Stunden. Das ergibt eine Erhebung der "New York Times". Insgesamt steigt die Zahl der nachgewiesenen Ansteckungsfälle auf mehr als 13,9 Millionen. Die Zahl der Menschen, die in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben sind, steigt um mindestens 2885 auf 273.518. In absoluten Zahlen gemessen sind das mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Auch die Zahl der stationär behandelten Covid-19-Patienten ist in den USA auf einem Höchststand. Nach Angaben des Covid-Tracking-Projects vom Mittwochabend mussten landesweit erstmals mehr als 100.000 Patienten im Krankenhaus behandelt werden. CDC-Chef Redford begründete seine eindringliche Warnung auch mit der Belastung des Gesundheitssystems in den US-Bundesstaaten.
Quelle: ntv.de, ter/dpa