Umstrittene Waffenlieferungen Bundestag soll über Exporte mitentscheiden
14.01.2017, 10:07 Uhr
Leopard-Kampfpanzer liefert die Bundesregierung an das Emirat Katar.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vizekanzler Sigmar Gabriel müht sich um eine restriktivere Rüstungsexportpolitik. Nun will der Wirtschaftsminister die Entscheidungspraxis im Umgang mit Waffenlieferungen ändern.
In der SPD gibt es Pläne für eine grundlegende Änderung der Kontrolle von Rüstungsexporten. Der Bundestag solle in Zukunft mehr Mitspracherecht bei Ausfuhrgenehmigungen haben, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf ein Positionspapier von Abgeordneten um den SPD-Verteidigungsexperten Thomas Hitschler.
Der Bundestag soll diesen Vorstellungen zufolge eine Positivliste jener Länder außerhalb von EU und Nato festlegen, an die wegen des sicherheitspolitischen Interesses Deutschlands Waffen geliefert werden dürfen. "Spätestens alle drei Jahre muss diese Liste überprüft werden", sagte Hitschler. Sollte ein Land von der Liste gestrichen werden, sollen Unternehmen, die für dieses Land genehmigte Rüstungsaufträge haben, aus vorher gebildeten Rücklagen entschädigt werden.
"Die große Mehrheit in der Fraktion will eine andere Rüstungsexportpolitik", sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Ähnlich hatte sich der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ende vergangenen Jahres geäußert: Über Rüstungsexporte müsse künftig der Bundestag debattieren und "im Zweifel auch abstimmen". Bislang fällt die Regierung die Entscheidungen zur Exportgenehmigung. Die deutschen Rüstungsexportrichtlinien gehören zu den strengsten weltweit. Menschenrechtsverletzungen und die Verwicklung eines Landes in Konflikte werden bei jedem Antrag berücksichtigt. Die Richtlinien stammen aus dem Jahr 2000, als SPD und Grüne die Regierung stellten.
Nach dem Rüstungsexportbericht wurden 2015 Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von 7,86 Milliarden Euro erteilt - das ist fast doppelt so viel wie im Jahr davor. Gabriel macht für den sprunghaften Anstieg die Vorgänger-Regierung von FDP und Union verantwortlich. Schwarz-Gelb hatte vor der dann verlorenen Bundestagswahl einer Lieferung von Leopard-Kampfpanzern und Panzerhaubitzen an das Emirat Katar zugestimmt - im Wert von 1,66 Milliarden Euro. Gabriel sagt, er habe den Deal nicht widerrufen können. Kanzlerin Angela Merkel und die Union pochten auf Vertragstreue gegenüber Katar. Der starke Anstieg bei den Rüstungsexporten 2015 geht auch auf die Lieferung eines U-Bootes an Israel und von vier Tankflugzeugen für Großbritannien zurück.
Linke will Kleinwaffenexport verbieten
Umstritten sind vor allem die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Trotz der prekären Menschenrechtslage in Saudi-Arabien und der saudischen Bombardements mit vielen getöteten Zivilisten im Jemen werden immer noch deutsche Waffen in den autoritär regierten Wüstenstaat exportiert. 2015 wurden 17 Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen erteilt. Die Aufträge waren 23,8 Millionen Euro Wert. Erst kürzlich genehmigte der Bundessicherheitsrat, dem Merkel und mehrere Minister angehören, den Export von 41.644 Artilleriezündern.
Die Kleinwaffenexporte gingen in Gabriels Amtszeit hingegen zurück. Bei Lieferungen in problematische Länder außerhalb von EU und Nato, in denen die Menschenrechtslage heikel ist, ist die Regierung sensibler geworden. Der Opposition reichte der Rückgang bei den Kleinwaffen-Geschäften bislang aber nicht. So forderte etwa der Linkspartei-Experte Jan van Aken ein komplettes Exportverbot für Kleinwaffen.
Seit Anfang Juli 2016 ist bekannt, dass die Regierung in den ersten sechs Monaten 2016 die Ausfuhr von Waffen und Ausrüstung im Gesamtwert von 4,029 Milliarden Euro genehmigte - mehr als eine halbe Milliarde mehr als im Vorjahreszeitraum. Größter Posten war eine Fregatte für Algerien, die eine Milliarde Euro kostet. Damit liegt das nordafrikanische Land auf Platz eins der wichtigsten Bestimmungsländer.
Quelle: ntv.de, cro/AFP/dpa