Verdienen an Birma Der stille Banker Singapur
21.10.2007, 10:21 UhrAls Singapurs Außenminister George Yeo bei den Vereinten Nationen vergangenen Monat, das Verhalten der Militärregierung Birmas gegenüber den Demonstranten scharf kritisierte, hielten sich die einen den Bauch vor lauter Lachen, während anderen schlichtweg übel wurde. Das liegt nicht nur daran, dass Singapur der drittgrößte Investor im Land der vorgehaltenen Waffe ist, sondern auch an der Doppelmoral, die durch Gier und Maßlosigkeit gekennzeichnet ist.
Die staatliche Investmentfirma Singapurs Temasek investiert nicht Millionenbeträge in Birma, sondern Milliardenbeträge (2,65 Milliarden alleine 2006). Besonders dreist: der schnelle Dollar lässt den strengen Stadtstaat auch eigene Prinzipien über Bord werfen. Singapur kauft unter anderem Agrarfläche in Birma, weil der kleine Stadtstaat dafür keinen Platz hat. Tatsache ist jedoch, dass auf diesen Flächen Mohn angebaut wird, der später in Form von Heroin in den Spritzen armer Teufel landet. Das Geschäft wickelt der größte Drogenbaron Birmas ab. Lo Hsing Han und seine Familie stehen schon lange auf dem Zettel der Drogenfahnder weltweit.
Die Sache wäre nur halb so ekelhaft, wenn Singapur - gemessen an der Einwohnerzahl - nicht Hinrichtungsweltmeister wäre. 90 Prozent der gefällten Todesurteile sind direkt oder indirekt mit Drogenvergehen verbunden. Wer mehr als 15 Gramm Heroin bei sich trägt, lernt unweigerlich Herrn Darshan Singh kennen - den Henker des Landes. Bereits 1996 hatte die CIA den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton dazu aufgerufen, Singapur bezüglich seiner Geschäfte in Birma in die Schranken zu weisen - vergeblich. Amerikas einziger Verbündeter in der Region ist nämlich nicht nur Investor in Birma, sondern auch der stille Banker der USA. Der reiche Stadtstaat beherbergt rund eine Billion (also 1.000 Milliarden) US-Dollar an fremdem Kapital, während rund die Hälfte aus dem "Land of the Free" kommt. Die Steuerfreiheit für ausländische Investoren hat Singapur längst zur Schweiz Asiens gemacht.
Der wahre Angriff auf die Bauchmuskeln war allerdings Yeos Kritik an den Demonstrationsverboten. Wer in Singapur demonstrieren will, landet nicht selten hinter Gittern. Eine Ansammlung von mehr als drei Menschen, die über Politik, Religion oder innere Angelegenheiten reden möchte, braucht eine staatliche Erlaubnis in Singapur. Sollte diese überhaupt erteilt werden, müssen die Betroffenen häufig in abgelegenen Gebieten ihre Stimme erheben. Wer sich nicht an die strengen Regeln hält, hat nichts zu Lachen. Der Internal Security Act (ISA) erlaubt dem Staat, Menschen aus Sicherheitsgründen aus dem Verkehr zu ziehen - und zwar zeitlich unbegrenzt! Im April diesen Jahres wurde sogar gegen Europaparlamentarier bei einem Diskussionsforum der Opposition ein striktes Redeverbot verhängt. Der Grad der Empörung hielt sich allerdings in Grenzen, denn die EU und Singapur planen ein Freihandelsabkommen. Das wollte dann doch keiner gefährden. Beim Weltbanktreffen im September letzten Jahres waren Demonstrationen übrigens grundsätzlich verboten.
Obwohl diese skandalöse Rede vor den Vereinten Nationen bereits einen Monat her ist, bleibt sie aktuell. Denn es blieb abzuwarten, wie Singapur auf den internationalen Aufschrei reagieren würde. Nichts ist passiert. Lo Hsing Han macht weiter Geschäfte mit dem südostasiatischen Staat. Im Goldenen Dreieck blüht weiter der Mohn. Singapur richtet weiter Drogenabhängige hin. Ach ja, eine Sache hat sich geändert. Seit Montag fliegt die staatseigene Charterfluggesellschaft Singapurs Silkair nicht mehr 14 mal pro Woche nach Rangoon, sondern nur noch zwölf mal. Eine kurze Pressemitteilung katapultierte Hoffungsträger für fairen Handel in die Realität zurück: "Die Auslastung der Flüge ist nicht befriedigend gewesen. Daher hat Silkair zwei Flüge pro Woche gestrichen. Wir hoffen Sie dennoch bald an Bord begrüßen zu dürfen!” Beschämend, einfach nur beschämend!
Quelle: ntv.de