Politik

Opposition um Tusk in Polen vorn "Die Herrschaft der PiS ist vorbei"

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Nach acht Jahren ist die Zeit der PiS-Partei in der polnischen Regierung wohl fürs Erste beendet: Die Rechtskonservativen sind als stärkste Kraft weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Oppositionsführer Tusk bejubelt das Ende einer "düsteren Zeit", PiS-Chef Kaczynski will sich noch nicht geschlagen geben.

Nach der Wahl in Polen kommt ein Bündnis aus drei proeuropäischen Oppositionsparteien auf eine Mehrheit im Parlament und will die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nach acht Jahren an der Regierung ablösen. Oppositionsführer Donald Tusk erklärte, das Wahlergebnis bedeute das Ende einer "düsteren Zeit". "Die Herrschaft der PiS ist vorbei", sagte der 66-jährige Chef der Bürgerkoalition (KO) bei der Wahlparty in der Parteizentrale in Warschau. "Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, wir haben sie von der Macht vertrieben."

Laut Prognosen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos kann Tusks Partei mit 31,6 Prozent der Stimmen rechnen und wird damit zweitstärkste politische Kraft. Sie käme damit auf 163 Abgeordnetenmandate. Somit könnte die Bürgerkoalition mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis käme zusammen auf 248 der insgesamt 460 Sitze und hätte damit eine Mehrheit im Parlament. "Am Sonntag, dem 15. Oktober, war Schluss mit der Zankerei und der Almosenvergabe in Polen, und es begann die Zusammenarbeit und die Investition in unsere Zukunft", sagte Szymon Holownia vom Dritten Weg zu dem Ergebnis.


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Kaczynski will Agenda auch in Opposition umsetzen

Die seit 2015 regierende PiS wurde laut Prognosen mit 36,8 Prozent der Stimmen zwar stärkste Kraft, verfehlte aber deutlich die absolute Mehrheit. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach dennoch von einem "historischen Sieg". Seit dem Ende des Kommunismus habe es in Polen noch keine Partei geschafft, dreimal hintereinander die Parlamentswahl zu gewinnen.

Dennoch hat die PiS ein Problem: In Prognosen wurden ihr 200 Sitze im neuen Parlament vorhergesagt. Als Koalitionspartner käme nur die ultrarechte Konfederacja infrage. Doch diese Formation brachte es laut Prognosen auf lediglich 6,2 Prozent - das wären 12 Sitze und damit zu wenig für eine Regierungsmehrheit. Zudem hatte die Konfederacja im Wahlkampf immer wieder betont, sie wolle kein Bündnis mit der PiS eingehen.

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski sagte, er habe immer noch "Hoffnung", dass seine Partei die nächste Regierung bilden könne. Der 74-Jährige fügte aber bereits hinzu: "Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass unser Programm trotz der Koalition, die gegen uns ist, weiter umgesetzt wird."

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Hohe Wahlbeteiligung

Bei der Wahl konnten gut 29 Millionen Wahlberechtigte abstimmen. Nach der Prognose lag die Wahlbeteiligung bei 73 Prozent. Dies wäre der höchste Wert bei einer Wahl seit dem Ende des Kommunismus in Polen. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich. Das offizielle Endergebnis wird erst am Dienstag erwartet.

Die Abstimmung wurde auch als Richtungswahl über den künftigen Kurs gegenüber der EU, der Ukraine und dem Nachbarland Deutschland gesehen. Tusk, der von 2007 bis 2014 die polnische Regierung anführte und anschließend bis 2019 EU-Ratspräsident war, hat angekündigt, die Beziehungen zu Brüssel zu verbessern. Er hat auch versprochen, das von der PiS verschärfte Abtreibungsrecht zu liberalisieren.

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Die PiS-Regierung mit ihrem Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki führt seit Jahren einen Machtkampf mit Brüssel, vor allem wegen ihrer Justizreform, die von Kritikern als Angriff auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verurteilt wird.

Der Wahlkampf der PiS war auch stark von anti-deutschen Tönen geprägt. Die Regierungspartei warf Tusk vor, er handele im Interesse Deutschlands, der EU und Russlands. Auch die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer haben die Wahl in Polen aufmerksam verfolgt. Polen war in der EU und der NATO lange einer der wichtigsten Unterstützer Kiews und hat eine Million Kriegsflüchtlinge aufgenommen. Die Konföderationspartei forderte im Wahlkampf aber, die Ukraine-Hilfe zurückzufahren. Für Spannungen sorgte zuletzt auch ein Importverbot für ukrainisches Getreide, das dem Schutz polnischer Landwirte dienen soll.

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa

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