Kritik am EU-Reformvertrag EU-Ratsvorsitzender im Fettnapf
14.01.2009, 15:09 UhrMit kritischen Äußerungen zum EU-Reformvertrag hat der amtierende tschechische EU-Ratsvorsitzende Mirek Topolanek Irritationen ausgelöst. EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso und der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), erinnerten den Prager Regierungschef an die Verpflichtung, die er mit seiner Unterschrift unter den Vertrag eingegangen sei.
"Pacta sunt servanda" ("Verträge sind einzuhalten"), mahnte Pöttering Topolanek bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Straßburger Europaparlament. "Sonst hat dies Konsequenzen." Topolanek sei zudem der amtierende EU-Ratsvorsitzende, was besondere Verpflichtungen mit sich bringe. Wenn eine Regierung einen Vertrag unterzeichne, sei sie nach dem Völkerrecht verpflichtet, alles für dessen Ratifizierung zu tun, betonte Barroso. Topolanek habe sich dazu mit seiner Unterschrift "an einem schönen sonnigen Tag in Lissabon" verpflichtet.
Topolanek sprach von einem "künstlichen Problem". Seine Äußerungen zu dem Vertrag seien ironisch gemeint gewesen. Vor dem Plenum hatte er zuvor gesagt, der Reform-Vertrag von Lissabon sei "sehr mittelmäßig" und "etwas weniger gut" als der – gegenwärtig geltende – Vertrag von Nizza. Für ihn sei der Reform-Vertrag ein "schwieriger Kompromiss". Dennoch werde er im tschechischen Parlament für eine Ratifizierung stimmen. Zugleich vertrat Topolanek die Ansicht, die tschechische Bevölkerung würde den Vertrag ablehnen, wenn ein Referendum organisiert würde.
Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Europaparlament, Jo Leinen, bezeichnete Topolaneks Äußerungen als "Skandal". Dass ein EU-Ratsvorsitzender einen Vertrag schlecht rede, der von allen EU-Regierungen unterzeichnet wurde, sei "ungeheuerlich". Topolanek habe offenbar noch immer nicht verstanden, dass er im Europaparlament im Namen des EU-Vorsitzes rede. Seine Äußerungen erschwerten die Aufgabe der irischen Regierung, für ein Ja bei dem geplanten zweiten Referendum zu werben. Außerdem stärkten sie im tschechischen Parlament die Euroskeptiker. Das Parlament in Prag soll ab dem 3. Februar über eine Ratifizierung beraten.
Quelle: ntv.de