Slowakische AKW-Pläne EU bereitet Verfahren vor
13.01.2009, 15:33 UhrDie Slowakei hält sich angesichts ausbleibender Gaslieferungen aus Russland vorerst die Option der Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks in Jaslovske Bohunice offen. Regierungschef Robert Fico bekräftigte, die Wiederinbetriebnahme des zu Silvester stillgelegten Atommeilers bleibe "außerordentlich aktuell und dringlich".
Die Slowakei wolle aber nach dem Hin und Her bei den Gaslieferungen mit der Entscheidung noch "ein paar Tage" warten, sagte Fico. Die Europäische Kommission erklärte unterdessen in Brüssel, sie bereite ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge gegen die Slowakei vor. Auch Bulgarien prüft wegen des Notstands das Anfahren eines abgeschalteten Reaktors.
Noch könne die Stromversorgung des Landes zumindest so weit stabil gehalten werden, dass das Netz nicht kollabiere, sagte Fico. Seit der Abschaltung des Atomreaktors wird zum Teil Gas zur Stützung der Stromversorgung verwendet. Dieses wird seit Mittwoch vergangener Woche aber nicht mehr geliefert. Die einzige Versorgungsleitung für die Slowakei führt aus Russland über die Ukraine. Auch bei der am Dienstagmorgen teilweise wieder aufgenommenen Gaszufuhr war zunächst noch kein Gas für die Slowakei vorgesehen, sondern zunächst nur für Bulgarien und andere Balkanländer.
Energieversorgung "an der Kante"
Laut dem für Energiefragen zuständigen Wirtschaftsminister Lubomir Jahnatek steht die Energieversorgung der Slowakei "an der Kante": "Es lässt sich nicht sagen, ob eher die Gas- oder die Stromversorgung umkippen wird." Sowohl Jahnatek als auch Fico bezeichneten daher die Wiederinbetriebnahme des Atomreaktorblocks als unausweichlich, falls sich die Versorgungslage mit Gas nicht rasch verbessere. Angesichts der am Dienstagmittag wieder aufgeflammten Unstimmigkeiten zwischen der Ukraine und Russland sagte Fico: "Unsere pessimistische Sicht hat sich bestätigt."
Die slowakische Regierung will vor einem Hochfahren des Kraftwerks allerdings mit der EU und dem Nachbarland Österreich verhandeln. Noch blieben "ein paar Tage" Zeit, in denen die Stromversorgung auch ohne den Reaktor aufrechterhalten werden könne, sagte Fico.
Juristisch verstoße ein Neustart des Reaktors gegen EU-Recht, sagte Kommissionssprecher Ferran Tarradellas. Die Slowakei habe beim Beitritt zur EU im Jahr 2004 zugesagt, das veraltete Atomkraftwerk zu schließen. Die Kommission wolle bei ihrem Vorgehen aber auch die außerordentliche Lage berücksichtigen, die wegen der Gaskrise in der Slowakei entstanden sei. Dazu müsse Bratislava noch Informationen liefern. Geprüft werden müsse auch die Atomsicherheit.
In Bulgarien bestünde anders als in der Slowakei die rechtliche Möglichkeit, das bereits im Dezember 2006 stillgelegte Atomkraftwerk Kosloduj wieder in Betrieb zu nehmen. Bei außergewöhnlichen Umständen könne Brüssel dies innerhalb von drei Jahren nach dem EU-Beitritt erlauben, sagte Tarradellas. Diese Frist ist für die Slowakei abgelaufen, für das 2007 beigetretene Bulgarien noch nicht. Angesichts der Krise mit den Gaslieferungen aus Russland erwägt Bulgarien weiterhin einen Neustart von Reaktoren in dem Atomkraftwerk an der Donau.
Quelle: ntv.de