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Paris gibt "100% Made in EU auf" EU legt Streit um Munitionskauf für Ukraine bei

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Innerhalb von zwölf Monaten will die EU die Ukraine mit einer Million Schuss Artilleriemunition versorgen.

Innerhalb von zwölf Monaten will die EU die Ukraine mit einer Million Schuss Artilleriemunition versorgen.

(Foto: IMAGO/Björn Trotzki)

Für eine Milliarde Euro will die EU Munition für die Streitkräfte der Ukraine kaufen. Lange beharrt Frankreich darauf, dass es sich dabei nur um in der Staatengemeinschaft produziertes Material handeln dürfe. Davon rückt Paris nun offenbar ab. Die heimische Industrie soll dafür in den "Modus der Kriegswirtschaft" wechseln.

Nach wochenlanger Debatte haben sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Munitionsbeschaffung für die Ukraine verständigt. Die ständigen Vertreter der EU-Staaten in Brüssel billigten einen Beschluss, über den bis zu eine Milliarde Euro für Artilleriegeschosse und Raketen bereitgestellt werden sollen. Zu Details der Einigung gibt es von der derzeitigen schwedischen EU-Ratspräsidentschaft zunächst keine offiziellen Angaben. Nach Informationen von Diplomaten soll es die Verständigung ermöglichen, auch dann EU-Mittel für die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern für die Ukraine zu verwenden, wenn nicht alle Bestandteile komplett in der EU oder Norwegen hergestellt wurden.

In dem Streit ging es vor allem darum, dass Frankreich zunächst darauf bestanden hatte, dass im Zuge einer Vereinbarung aus dem März nur dann gemeinsam Munition mit EU-Geld beschafft werden sollte, wenn diese komplett aus europäischer Produktion stammt. Zahlreiche andere Länder lehnten dies aber ab, weil dies aus ihrer Sicht das vereinbarte Ziel gefährdet, der Ukraine innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse für den Kampf gegen Russland zu liefern.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte den Streit zuletzt scharf kritisiert. "Die Unfähigkeit der EU, ihren eigenen Beschluss über die gemeinsame Beschaffung von Munition für die Ukraine umzusetzen, ist frustrierend", hatte er getwittert. Für die Ukraine würden "die Kosten der Untätigkeit in Menschenleben gemessen".

EU will Munitionsproduktion ankurbeln

Ein von der EU-Kommission vorgelegter Vorschlag zum Ausbau der Produktionskapazitäten für Munition in der EU steht mit dem Streit nicht in Verbindung. Er sieht vor, die Rüstungsindustrie finanziell zu unterstützen, wenn sie entsprechende Vorhaben beginne. Dem Vorschlag zufolge sollen bis Mitte 2025 für Zuschüsse bis zu 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Weitere 500 Millionen würden den Planungen zufolge als Kofinanzierung von den Mitgliedstaaten kommen.

Hintergrund der Pläne sind insbesondere die Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Munition für den Abwehrkrieg gegen Russland zu liefern. Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe der ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können. "Die tapferen Soldaten der Ukraine brauchen genügend militärische Ausrüstung, um ihr Land zu verteidigen", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Zudem gehe es auch darum, die europäischen Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.

"Industrie muss in Modus der Kriegswirtschaft wechseln"

EU-Industriekommissar Thierry Breton zeigte sich zuversichtlich, dass die Produktionskapazitäten in Europa innerhalb von zwölf Monaten auf eine Million Schuss pro Jahr gesteigert werden könnten. Die industrielle Basis für die Munitionsproduktion in Europa sei da und habe das Potenzial, die Bedürfnisse der Ukraine und der Mitgliedstaaten zu erfüllen, sagte er. Die industrielle Basis müsse man nun aber beleben, um sie an die Bedürfnisse eines hochintensiven Konflikts anzupassen. "Wenn es um die Verteidigung geht, muss unsere Industrie jetzt in den Modus der Kriegswirtschaft wechseln", sagte Breton.

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Konkret ist laut dem Gesetzesvorschlag unter anderem vorgesehen, dass Unternehmen für neue Projekte zum Ausbau ihrer Munitionsproduktion 40 Prozent der Kosten über die EU finanziert bekommen können. Wenn besondere Bedingungen erfüllt sind, soll sogar eine höhere Förderung möglich sein - zum Beispiel, wenn es sich um länderübergreifende Projekte handelt oder Unternehmen zusagen, die Produktion von Munition für die ukrainischen Streitkräfte zu priorisieren.

Über den Vorschlag der EU-Kommission müssen nun die EU-Staaten und das Europaparlament beraten. Man setze auf eine rasche Verabschiedung noch vor dem Sommer, teilte die Kommission mit. Linke Politiker kündigten Widerstand an.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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