Brandbrief an Parteispitze FDP-Politiker fordern: Ampel "dringend überdenken"
31.10.2023, 08:25 Uhr Artikel anhören
In einem Brandbrief holen 26 Landes- und Kommunalpolitiker der FDP zu einem Rundumschlag aus. Sie sind unzufrieden mit dem Atomausstieg, der Migrationspolitik und dem Bürgergeld - besonders aber mit den Koalitionspartnern auf Bundesebene.
FDP-Landes- und Kommunalpolitiker haben in einem offenen Brief die Ampel-Koalition im Bund mit SPD und Grünen wegen der schlechten Wahlergebnisse in Hessen und Bayern infrage gestellt. "Die FDP muss ihre Koalitionspartner dringend überdenken", schreiben die 26 Unterzeichner aus Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen in dem Dokument, das ntv vorliegt, mit dem Titel "Weckruf Freiheit!" an die FDP-Bundestagsfraktion und den Bundesvorstand.
Explizit sei die FDP von den Wählern für die Leistungen der Bundesregierung abgestraft worden. "Landtagsfraktionen, welche für die FDP-Bundespolitik selbst keine Verantwortung tragen, mussten erhebliche Verluste in Kauf nehmen." Inhaltlich nennen die Unterzeichner den "völlig emotional begründeten" Ausstieg aus der Kernenergie einen "Fehler", das Heizungsgesetz "unsäglich". Die Migrationspolitik bezeichnen sie als "Flickschusterei" und beklagen eine "Flut von Regelungen" in der Verwaltung. Darüber hinaus kritisieren sie das Bürgergeld.
FDP-Chef Lindner für Verbleib in der Ampel-Koalition
Die Partei verbiege sich in der Koalition bis zur Unkenntlichkeit, heißt es weiter. Die Unterzeichner warnen vor dem "drohenden Niedergang der einzigen liberalen Partei" in Deutschland. Es gebe jedoch Alternativen. "Wir fordern den Parteivorstand auf, sich mit diesen Alternativen ernsthaft auseinanderzusetzen und gegebenenfalls nach anderen Koalitionspartnern zu suchen, die für die Interessen Deutschlands und nicht für eine quasireligiöse Ideologie arbeiten."
Die FDP hatte bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern am 8. Oktober schlecht abgeschnitten. In Bayern hatten die Liberalen mit 3 Prozent den Einzug in den Landtag verpasst. In Hessen hatten sie ihn mit 5 Prozent haarscharf geschafft. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner hatte die Wahlergebnisse als "Arbeitsauftrag" für die Ampel in Berlin bezeichnet. "Alle drei Koalitionspartner haben verloren", sagte er. "Und deshalb ist unser Auftrag nun, unsere Regierungsarbeit kritisch zu prüfen."
Unterdessen hat sich Parteichef Christian Lindner für den Verbleib der FDP in der Ampel-Koalition ausgesprochen. Die Aufgabe der unterschiedlichen Ampel-Parteien sei es, permanent auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, sagte Lindner laut "Rheinischer Post" am Montagabend bei einer Veranstaltung der Zeitung in Düsseldorf. Zu den Kompromissen und Entscheidungen der Ampel stehe er. Solange das möglich sei, werde er der Ampel die Treue halten.
"Ich mache den Grünen nicht zum Vorwurf, dass sie ein fundamental anderes Gesellschaftsbild haben als ich", sagte Lindner laut Zeitung weiter. Käme es allerdings an einen Punkt, an dem vertretbare Kompromisse nicht mehr gefunden werden könnten, gelte weiterhin sein Satz, dass es besser sei, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/AFP