Politik

Bis neues Asylsystem greift Faeser setzt weiter auf Grenzkontrollen

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Noch greift das neue EU-Asylsystem nicht - weshalb Innenministerin Faeser die Grenzkontrollen erst einmal weiterführen will. Auch zeigt sie Sympathien für das umstrittene Albanien-Modell, mit dem Italien Asylverfahren außerhalb seiner Grenzen abwickeln will.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die vorübergehenden Binnengrenzkontrollen erst dann aufheben, wenn der Außengrenzschutz des europäischen Asylsystems wirksam wird. "Wir werden die Kontrollen so lange fortführen, bis das neue EU-Asylsystem mit dem starken Außengrenzschutz greift", sagte die SPD-Politikerin dem "Stern". "Damit durchkreuzen wir vor allem die Schleuserrouten und stoppen deren brutales Geschäft." Seit Oktober seien durch die zusätzlichen Kontrollen mehr als 750 Schleuser festgenommen worden.

Faeser hatte Mitte Oktober als Reaktion auf die stark gestiegenen Flüchtlingszahlen vorübergehende stationäre Kontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingeführt. Im Falle Österreichs gibt es diese bereits seit Jahren. Die Kontrollen laufen vorerst bis Mitte Juni, Faeser hat aber bereits wegen der dann beginnenden Fußball-Europameisterschaft in Deutschland eine Ausweitung auf alle deutschen Grenzen angekündigt.

Verfahren an Außengrenze sollen bald beginnen

Auf die Frage, wann es mit dem neuen und kürzlich beschlossenen Gemeinsamen Europäischen Asylrecht (GEAS) losgehe, antwortete Faeser: "Jetzt. Wir haben sehr ehrgeizige Zeitpläne. Unseren Teil der Umsetzung packen wir sofort an." Kürzlich sei sie an der EU-Außengrenze zur Türkei in Bulgarien gewesen. "Dort sollen die neuen Grenzverfahren für Menschen mit wenig Aussicht auf Schutz und der viel stärkere Grenzschutz sehr schnell beginnen", sagte Faeser.

Die Reform der europäischen Asylregeln war vor zwei Wochen besiegelt worden. Erstmals sieht der Asylpakt Verfahren an den EU-Außengrenzen vor. Migranten mit geringen Aufnahmechancen sollen damit von Grenzlagern aus direkt abgeschoben werden. Auch Familien mit Kindern müssen diese Verfahren durchlaufen. Die Bundesregierung und vor allem die Grünen hatten sich vergeblich für eine Ausnahme eingesetzt. Menschenrechtler warnen vor haftähnlichen Bedingungen in den Lagern.

Sympathie für Albanien-Modell

Nach monatelanger Prüfung lässt Faeser zudem Sympathien für das Albanien-Modell erkennen und geht auf Distanz zu einem Abkommen mit Ruanda. "Ich schaue mit Spannung darauf, was Italien gemeinsam mit Albanien macht", sagte die SPD-Politikerin dem "Stern". Italien wolle selbst Asylverfahren in Albanien als Drittstaat abwickeln. Faeser sagte zum Albanien-Modell: "Das ist ein interessantes Modell, über das ich mich mit meinem italienischen Amtskollegen austausche."

Faeser stellte sich jedoch gegen Forderungen, nach britischem Vorbild Flüchtlinge künftig nach Ruanda abzuschieben. Sie sei in der Migrationspolitik pragmatisch, sagte die Innenministerin. "Ob Asylverfahren in größerem Stil in einem kleinen Land wie Ruanda stattfinden könnten, wage ich aber zu bezweifeln." Faeser weiter: "Wie viele Flüchtlinge hat Ruanda denn bisher für andere Länder aufgenommen? Großbritannien tut sich hier - gelinde gesagt - sehr schwer."

Aktuell schließt die Bundesregierung ihre Prüfung ab, wie Asylverfahren in Drittstaaten auch rechtlich möglich wären. Die zentrale Frage bleibe aber auch dann noch: "Welcher Staat wäre überhaupt dazu bereit, in größerer Zahl Flüchtlinge zu übernehmen? Welches Land würde für die Sicherheit dieser Menschen sorgen und sie bei einer Ablehnung auch zurückführen? Und das alles unter Wahrung der Menschenrechte", sagte Faeser.

Das Albanien-Modell stößt bei Menschenrechtsgruppen auf Kritik. Sie halten den Plan für vergleichbar mit dem Ruanda-Modell der britischen Regierung. Italiens Pläne, in Albanien Auffanglager für Tausende Migranten zu errichten, verstoßen allerdings nicht gegen EU-Recht.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/rts

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