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Kick für den Dax Für Ökonomen ist das Finanzpaket ein "großer Wumms"

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Merz verkündete am Mittag die Einigung über die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und über ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen Infrastruktur.

Merz verkündete am Mittag die Einigung über die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und über ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen Infrastruktur.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Einigung über das schwarz-rote Milliarden-Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur kommt nicht nur bei Top-Ökonomen gut an. Der Kompromiss treibt auch den Dax weiter an. Nach der ersten Meldung legt der deutsche Aktienindex um bis zu 2,1 Prozent zu.

Europas Anleger atmen nach der Einigung der deutschen Parteien auf ein milliardenschweres Finanzpaket auf. Der Dax baute seine Kursgewinne nach ersten Meldungen zu einer Einigung von Union, SPD und Grünen deutlich aus und legte bis zu 2,1 Prozent auf 23.049 Punkte zu. Der EuroStoxx50 kletterte um 1,5 Prozent. Deutsche Nebenwerte waren besonders gefragt. Der MDax für mittelgroße Unternehmen stieg um 3,2 Prozent, der Kleinwerte-Index SDax zog um 3,4 Prozent an.

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"Ich denke, der Großteil des Marktes hat damit gerechnet, dass es klappt", sagte Chris Turner, Leiter Märkte weltweit bei ING in London. Allerdings hatte es zunächst danach ausgesehen, dass sich die Verhandlungen bis in die nächste Woche ziehen könnten, da die Grünen ihre Zustimmung lange verweigert hatten. Der CDU-Chef und mögliche kommende Bundeskanzler Friedrich Merz verkündete dann aber am Mittag die Einigung über die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und über ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen Infrastruktur. Das beflügelte auch den Euro, der um bis zu 0,6 Prozent auf 1,0912 Dollar aufwertete. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe kletterte auf 2,906 Prozent.

Top-Ökonomen loben derweil die Einigung auf ein milliardenschweres Finanzpaket. "Es ist ein sehr guter Kompromiss zwischen Schwarz-Rot und Grün erzielt worden", sagte Wirtschaftsprofessor Jens Südekum vom Düsseldorf Institute for Competition Economics. Er ist außerdem Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und ein enger Berater der Bundesregierung in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen und SPD-Mitglied.

Südekum hob hervor, dass das Prinzip der Zusätzlichkeit in der Verfassung verankert werden solle. "Das ist gut so, denn es ist das stärkste mögliche Signal, dass die Milliarden aus dem Sondervermögen tatsächlich nur für Infrastruktur ausgegeben werden und zum bisherigen Investitionsniveau hinzukommen", sagte Südekum. "Es wird dort keinen Verschiebebahnhof geben."

Ähnlich äußerte sich Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. "Es ist gut, dass die deutschen Parteien ihre Einigungsfähigkeit im krisenhaften geopolitischen Umfeld unter Beweis stellen", sagte der Finanzexperte. "Mit der Zusätzlichkeitsregel wird die Gefahr verringert, dass die Gelder des neuen Sondervermögens zweckentfremdet werden und zum Beispiel in die Rente fließen." Es sei aber bedauerlich, dass die Schuldenfinanzierung der Verteidigung schon bei 1,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beginnen dürfe. Denn auf Dauer sollten hohe Verteidigungskosten nicht schuldenfinanziert werden.

"Auf der Koalition lastet jetzt eine große Verantwortung, mit dem erheblichen finanziellen Spielraum verantwortungsvoll umzugehen", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick. Vor allem im Bereich der Verteidigung müsse es darum gehen, Investitionen in Hochtechnologie und den Anteil von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben massiv zu erhöhen, um für die Konflikte von morgen vorbereitet zu sein. Dies würde auch die größten positiven Effekte für Wachstum und Innovation im zivilen Sektor bringen. "Wenn dies umgesetzt wird, können von diesem Paket erhebliche Wachstumsimpulse für die schwächelnde deutsche Wirtschaft ausgehen", sagte Schularick.

ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski wies darauf hin, dass die verabredeten Maßnahmen allein sehr wenig zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beitragen dürften. "Eine moderne Infrastruktur ist für eine der größten Volkswirtschaften der Welt unverzichtbar", sagte Brzeski. "Aber sie treibt nicht per se Innovationen, sektorale Veränderungen oder neue Wachstumsmöglichkeiten voran." Unabhängig davon seien aber die Chancen für einen zyklischen Aufschwung der deutschen Wirtschaft aufgrund positiver Stimmungseffekte und höherer Ausgaben deutlich gestiegen.

"Insgesamt kann weiter von einem großen Wumms und einer Zeitenwende in der deutschen Fiskalpolitik gesprochen werden", fügte der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Bantleon, Daniel Hartmann, hinzu. "Dies sorgt für neue Wachstumsimpulse in Deutschland, erhöht aber auch die Inflationsgefahren." Südekum wies darauf hin, dass die Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ab einem Prozent des BIP mit einem erweiterten Sicherheitsbegriff versehen werde. "Darüber bekommt die künftige Bundesregierung auch allgemeine Spielräume, die sie aber nicht für kurzfristige konsumtive Zwecke veräußern sollte", sagte der Ökonom. "Vielmehr sollte sie dafür sorgen, mit diesem Geld die Modernisierungsagenda des Staates zu unterstützen."

ZEW-Experte Heinemann hält es für wichtig, dass die neue Bundesregierung nun die Haushaltssteuerung verbessert und Gelder zielgenauer einsetzt. "Der Bundeshaushalt muss in Zukunft stärker wirkungsorientiert organisiert werden, sonst werden die neuen Schulden am Ende mehr kosten als nutzen", warnte er. Eine grundlegende Überarbeitung der Schuldenbremse sollte zudem jetzt nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.

CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuvor die Einigung bestätigt. "Es ist die klare Botschaft an unsere Partner und Freunde, aber auch an die Gegner, an die Feinde unserer Freiheit: Wir sind verteidigungsfähig und wir sind auch jetzt in vollem Umfang verteidigungsbereit", sagte Merz nach der Einigung über die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und über ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen Infrastruktur.

Quelle: ntv.de, jki/rts

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