Putins Plan mit Krassikow Gershkovich gegen Tiergarten-Mörder - Hinweise auf Gefangenentausch verdichten sich
01.08.2024, 12:10 Uhr Artikel anhören
Seit längerer Zeit versucht Russlands Präsident Putin, den Tiergarten-Mörder freizupressen.
(Foto: dpa)
Putin unterzeichnet sieben Geheimbefehle, aus russischen Kolonien verschwinden politische Häftlinge und ominöse Sonderflüge starten. Die Zeichen stehen auf einen baldigen Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen. Dabei geht es Putin wahrscheinlich wieder nur um einen Mann.
Seit mehreren Tagen verdichten sich die Hinweise darauf, dass ein Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen bevorsteht. Zentraler Indikator dafür ist das zahlreiche Verschwinden von politischen Häftlingen aus russischen Kolonien und Untersuchungshaftanstalten. Insgesamt werden seit dem 26. Juli acht Gefangene vermisst. Dies wurde von ihren Anwälten, Familien und Hilfsorganisationen bestätigt. Unter ihnen sind zwei ehemalige Mitarbeiterinnen von Alexej Nawalny, die Künstlerin Sascha Skochilenko, der Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow, die prominenten Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa, die Journalistin Maria Ponomarenko, sowie der wegen vermeintlichen "Hochverrats" verurteilte Deutsche Kevin Leak.
Zudem meldet der US-Sender Fox News, dass der in Russland inhaftierte US-Journalist Evan Gershkovich am 1. August bei einem Gefangenenaustausch freikommen soll. Noch im Laufe des Tages solle Gershkovich in die USA zurückkehren, berichtet Fox News und beruft sich dabei auf Informationen des "Wall Street Journal", für das Gershkovich arbeitet. Die russischen Inhaftierten und Gershkovich könnten gegen im Westen verurteilte russische Staatsbürger ausgetauscht werden, so die Vermutung.
Sieben Geheimbefehle, die Wladimir Putin am Donnerstag unterzeichnet hat, gelten als ein weiteres Zeichen für einen bevorstehenden Gefangenenaustausch. Es wird vermutet, es könnte sich um Begnadigungsbefehle handeln, wobei die Anzahl der Befehle nicht der Anzahl der begnadigten Personen gleichkommen muss, wie vergangenen Fälle zeigen. So hatte der Kreml-Chef im vergangenen März 52 inhaftierte Frauen begnadigt. Jeder entsprechende Befehl enthielt damals mehrere Namen.
In Moskau startet ein Sonderflug
Am Donnerstagmorgen ist zudem ein Sonderflug aus Moskau in Richtung Kaliningrad gestartet. Das berichtet unter anderem der russische unabhängige Sender Dozhd. Laut der Nachrichtenagentur Agenstwo handelt es sich um eine Maschine des russischen Sonderflugkommandos, das direkt der russischen Präsidialverwaltung untersteht. Dasselbe Flugzeug soll bereits bei einem prominenten Gefangenenaustausch eingesetzt worden sein, und zwar im Februar 2022, als die US-Basketballerin Brittney Griner gegen den in den USA verurteilten Waffenhändler Viktor But ausgetauscht wurde.
Die Nachrichtenagentur Agentwo entdeckte zudem weitere verdächtige Bewegungen des russischen Sonderflugkommandos. Demnach gab es in den vergangenen Tagen mehrere rätselhafte Flüge in jene Regionen Russlands, in denen die vermissten Gefangenen ihre Strafen verbüßt hatten. Alle Flugzeuge seien direkt nach Moskau zurückgekehrt.
Der slowenische Fernsehsender N1 brachte am Abend des 31. Juli zwei weitere Namen ins Spiel, die bei einem möglichen Gefangenenaustausch eine Rolle spielen sollen. "In den kommenden Stunden wird ein Austausch zwischen Russland, den USA, Deutschland und Belarus stattfinden", meldete der Sender. Der Veröffentlichung zufolge sollen die in Slowenien verurteilten russischen Spione Artem und Anna Dultsew ausgetauscht werden.
Eigentlich geht es Putin um den Tiergarten-Mörder
Der russische Rechtsanwalt Igor Slabykh berichtet zudem, dass Informationen über vier berühmte russische Gefangene aus der Datenbank des US-Bundesstrafvollzugssystems verschwunden sind. Es handele sich um Wladislaw Kljuschin, Alexander Winnik, Wadim Konoshchenko und Maxim Marchenko. Dies könnte darauf hindeuten, dass auch sie ausgetauscht werden sollen.
Der Mann, um den es Putin aber vor allem geht, heißt Vadim Krassikow. Er war im Dezember 2021 in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der russische Geheimdienstmitarbeiter hatte nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts im Auftrag des russischen Staats im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier in dem Park "Kleiner Tiergarten" in Berlin erschossen.
Putin versucht seit Jahren, die deutschen Behörden zu einem Austausch zu bewegen. Kurz vor seinem Tod soll sogar Alexej Nawalny von seinem Team als Austauschkandidat ins Spiel gebracht worden sein. Nun soll aber der in Belarus inhaftierte Rico Krieger ausgetauscht werden. Der 29 Jahre alte Deutsche war unter anderem wegen angeblichen Söldnertums und Terrorismus im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes SBU zum Tode verurteilt worden. Belarus vollstreckt als letztes Land in Europa die Todesstrafe, per Genickschuss. Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko hat Krieger jedoch am Dienstag begnadigt. Womöglich nur, um ihn im Austausch gegen Krassikow anbieten zu können.
Quelle: ntv.de