Politik

Merkel und ihr Kabinett besuchen Polen Großer Grenzverkehr über die Oder

20 Jahre nach dem Nachbarschaftsvertrag vertiefen Polen und Deutschland ihre Beziehungen. Bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung in Warschau vereinbaren beide Seiten die Unterstützung grenzübergreifender Projekte. Zudem will man die Einrichtung gemeinsamer Botschaften prüfen. Kanzlerin Merkel unterstützt die Einführung des Euro in Polen.

Tusk spricht fließend Deutsch - bei Merkel fehlen noch Polnischkenntnisse.

Tusk spricht fließend Deutsch - bei Merkel fehlen noch Polnischkenntnisse.

(Foto: REUTERS)

Deutschland und Polen wollen künftig wesentlich enger zusammenarbeiten und etwa die Einrichtung gemeinsamer Botschaften im Ausland prüfen. Zudem bekennen sich beide Regierungen zu einer Erweiterung der EU und intensivere Beziehungen zu Russland. Das geht aus dem gemeinsamen Programm und einer Erklärung beider Staaten hervor, die anlässlich der elften gemeinsamen Regierungskonsultationen beschlossen wurden. 20 Jahre nach dem bilateralen Nachbarschaftsvertrag betont die Bundesregierung, dass sie Polens Weg in den Euro unterstützen werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie sehe die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen als Motivation für andere Länder, Konflikte friedlich zu lösen. "Die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen ist auch eine Ermutigung für Europa, dass man Konflikte überwinden kann", sagte die Kanzlerin. Dafür müsse Vertrauen geschaffen und die Bereitschaft zur Kooperation vorhanden sein.

"Programm der Zusammenarbeit"

Merkel, die in Begleitung eines Teils des Bundeskabinetts nach Polen reiste, und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk würdigten ausdrücklich den seit dem 1. Mai geöffneten europäischen Binnenmarkt für Arbeitskräfte. Merkel sprach von einer "Explosion des freien Handels". Zudem wurde ein 23-seitiges "Programm der Zusammenarbeit" verabschiedet, dass die Beziehungen beider Länder vertiefen soll.

Dazu wurden fast 100 Projekte zusammengetragen, die weiter gefördert werden sollen. Zu ihnen gehören der Ausbau des Schienen- und Straßennetzes im Grenzgebiet sowie die Verbesserung des grenzübergreifenden Rettungsdienstes, des Polizeidienstes und Katastrophenschutzes sowie Angebote für Jugendliche. Ausdrücklich wird auch der grenzüberschreitende Ausbau wichtiger Gasleitungen erwähnt sowie die deutsche Unterstützung, dass russisches Erdöl weiter über Polen nach Westen geleitet wird.

Außenminister sollen enger kooperieren

Die Beziehungen zwischen beiden Staaten haben sich seit dem Antritt der Regierung von Donald Tusk stark verbessert. Seither finden nicht nur regelmäßige Dreiertreffen zwischen Frankreich, Deutschland und Polen im Rahmen des sogenannten Weimarer Dreiecks statt, sondern auch Trialoge zwischen Deutschland, Polen und Russland. Beide Seiten vereinbarten auch einen engeren Austausch der Fachminister über die jährlichen Konsultationen hinaus. Insbesondere die Außenminister sollen sich enger abstimmen.

Die große Kabinettsrunde.

Die große Kabinettsrunde.

(Foto: AP)

Die Regierungen von Polen und Deutschland bekennen sich zudem ausdrücklich zu einer vertieften Zusammenarbeit in der EU. Im Bereich der Finanz- und Wirtschaftspolitik wollen beide eine engere Koordinierung. Ausdrücklich wird der Pakt "Euro Plus" unterstützt, der die Wettbewerbsfähigkeit vor allem der Euro-Staaten forcieren soll.

Weitere Arbeit an der EU-Erweiterung

Polen sichert zudem Deutschland die Unterstützung zu, dass auf EU-Ebene etwa die Bemessungsgrundlage der Unternehmenssteuer angeglichen wird. Dies ist ein Streitpunkt etwa mit dem Euro-Land Irland. Beide plädieren zudem für weitere Aufnahmen von Ländern in die EU. Dabei müssten aber alle Beitrittskriterien und die Integrationsfähigkeit der EU erfüllt sein.

Polen übernimmt am 1. Juli für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Dabei will es sich unter anderem für die Heranführung der Ukraine an die EU aussprechen sowie weitere Verhandlungskapitel mit der Türkei in den festgefahrenen Beitrittsgesprächen mit der EU eröffnen. In den kommenden sechs Monaten beginnen auch die schwierigen Verhandlungen über die EU-Finanzperiode von 2014 bis 2021.

Am 17. Juni 1991 hatten Deutschland und Polen einen Nachbarschaftsvertrag unterzeichnet. Damals waren auch die Grenze zwischen Polen und dem wiedervereinigten Deutschland bestätigt und Polen Unterstützung auf dem Weg in die Europäische Union zugesichert worden. In der Erklärung heißt es, ohne die beiden Verträge wäre "das vereinte Europa von heute nicht denkbar".

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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