"Einsätze" statt Krieg Großoffensive vom Tisch
06.11.2007, 16:07 UhrNach den Gesprächen des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan in den USA ist eine Großoffensive im Nordirak offenbar vorerst vom Tisch. Die Türkei werde keinen Krieg führen, bereite sich aber auf einen Einsatz vor, sagte Erdogan am in einer Rede vor Journalisten, die er nach dem Treffen mit US-Präsident George W. Bush hielt. "Wir haben bekommen, was wir wollten."
Erdogan stellte eigenen Angaben zufolge fünf Forderungen an Bush, darunter die Auflösung der Stützpunkte der kurdischen Untergrundorganisation PKK im Nordirak und die Unterbrechung jeder logistischen Unterstützung für die Extremisten. Die USA hätten zudem Geheimdienstinformationen zugesagt, sagte ein türkischer Diplomat. "Das bedeutet, sie lassen Militäreinsätze gegen die PKK zu, wenn wir konkrete aktuelle Informationen haben." Demnach sind "kurzfristig begrenzte Einsätze" zu erwarten, wie Luftangriffe oder gezielte Angriffe türkischer Spezialeinheiten gegen PKK-Lager jenseits der Grenze.
Innenpolitischer Druck
"Niemand sagt, dass wir keinen Einsatz unternehmen sollen", erklärte Erdogan sichtlich zufrieden nach dem Treffen mit Bush. "Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich um einen Einsatz handeln wird. Wir stehen nicht vor einem Krieg. Wir haben eine Entscheidung über einen Einsatz getroffen." Bush hatte zuvor bekräftigt, dass die PKK der gemeinsame Feind von USA und Türkei sei, und eine militärische Zusammenarbeit zugesagt.
Diplomaten zufolge verabschiedet sich die Türkei von den Plänen einer Großoffensive, weil die unter großem innenpolitischen Druck stehende Regierung Schaden für den internationalen Ruf des Nato-Partners und EU-Anwärter befürchtet. Das Treffen Erdogans mit Bush erfülle zwar nicht die Erwartung der türkischen Öffentlichkeit, die Regierung habe ihre Ziele aber erreicht, sagte Faruk Logoglu, ein einflussreicher ehemaliger Botschafter der Türkei in den USA.
Die Türkei hat rund 100.000 Soldaten an der Grenze zum Irak zusammengezogen und droht seit Wochen mit einem Einmarsch, weil die PKK ihre Angriffe und Anschläge auf die türkische Armee vom Nachbarland aus vorbereitet. Der Irak hat bereits zugesagt, PKK-Kämpfer zu verfolgen und festzunehmen. Die Regierung in Bagdad hat aber nur geringen Einfluss auf die halb-autonome kurdische Region im Norden. Unter dem Druck der EU hat die Türkei die Rechte der Kurden gestärkt. Ein harter Kern PKK hat seinen gewaltsamen Kampf für eine kurdische Unabhängigkeit nach langer Pause vor einigen Monaten wieder aufgenommen.
Quelle: ntv.de