Bremer SPD gewinnt Grüne und CDU buhlen
14.05.2007, 06:31 UhrNach der Bürgerschaftswahl haben CDU und Grüne ihren Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung in Bremen bekräftigt. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte bei n-tv, für die Entscheidung über den Koalitionspartner hätten die Bremer Sozialdemokraten um Bürgermeister Jens Böhrnsen als Wahlsieger freie Hand. "Gewonnen hat, wer regiert. Jens Böhrnsen bleibt Bürgermeister und kann sich jetzt Koalitionsoptionen sogar aussuchen, ob mit der CDU oder den Grünen. Wir haben ein paar Prozent verloren, gar keine Frage, aber es ist eine deutliche Bestätigung der SPD in Bremen. Die Leute wollen, dass die SPD mit Jens Böhrnsen weiterregiert. Das ist die gute Nachricht. Und das zeigt auch, dass wir in Zeiten der großen Koalition in Berlin durchaus in den Ländern Wahlen gewinnen können."
Der Erfolg der Linken, die erstmals in ein westdeutsches Landesparlament einzogen, ist nach Ansicht Heils kein Vorzeichen für kommende Wahlen. "Das Ergebnis in Bremen ist zwar ein gutes Ergebnis für die Linkspartei, aber es ist kein Wetterleuchten für andere deutsche Flächenländer." Die SPD sei die linke Volkspartei in Deutschland und mehrheitsfähig.
"Rot-Grün ist eine schöne Farbe"
Die SPD-Linke Andrea Nahles sprach sich für ein Zusammengehen ihrer Partei mit den Grünen in Bremen aus. "Rot-Grün ist eine schöne Farbe", sagte sie in Berlin. Die CDU forderte die SPD zu einem klaren Bekenntnis zur Wiederauflage der großen Koalition auf. "Es geht darum, ob wir eine Aufgaben-Koalition in Bremen bekommen, die aus SPD und CDU gebildet wird, oder eine Ausgaben-Koalition", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Die SPD habe sich vor der Bremen-Wahl nicht zur großen Koalition bekannt und damit kleine Parteien gestärkt.
Die Grünen unterstrichen nach ihrem Rekordergebnis vom Sonntag den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung. Nach zwölf Jahren sei deutlich geworden, dass die große Koalition für Bremen keine Perspektive mehr darstelle, sagten die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer in Fernsehinterviews. "Deswegen erwarte ich, dass die SPD diese Umklammerung löst und wirklich offen in die Gespräche reingeht", so Roth. Sie kündigte ein selbstbewusstes Verhandeln der Grünen an. Gegenüber n-tv.de machte Bütikofer klar, dass die sich die Grünen nun an der Regierung beteiligen wollen. Ein Bündnis mit der CDU schloss er aus: "Die CDU hat nichts zu bieten und ist schwach auf der Brust, mit der FDP alleine reicht es auch nicht. Dasselbe gilt für die Linkspartei – dazu will die gar nicht regieren. Also haben wir gesagt, wir wollen mit der SPD regieren." Die Spitzenkandidatin der Partei in Bremen, Karoline Linnert, betonte ebenfalls: "In Bremen gibt es keine Alternative zu Rot-Grün." Die Wahl zeige, dass "gegen große Koalitionen ein Kraut gewachsen ist".
Stoiber: Vier Jahre große Koalition sind genug
CSU-Chef Edmund Stoiber sieht die Verluste von SPD und CDU als Beleg dafür, dass große Koalitionen nur kurzfristige Regierungsbündnisse sein sollten. "Für vier Jahre kann man das machen", sagte Stoiber. Langfristig sei eine große Koalition aber eine Gefahr, weil das "Profil der Parteien verwischt" und sie so letztlich zum Abstieg der Volksparteien führe. Das Wahlergebnis in Bremen sei daher auch nicht auf das Bündnis von Union und SPD im Bund zurückzuführen.
Lafontaine zufrieden
Der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, sagte der "Sächsischen Zeitung": "Die Parteienlandschaft wird sich dauerhaft verändern." Das Erstarken seiner Partei sei ein "deutlicher Hinweis, dass die vereinigte Linke mehr bewirken kann als die ehemalige PDS oder die WASG allein". Linksfraktionsvize Bodo Ramelow sagte bei n-tv: "In Bremen sind wir jetzt in einen Landtag eingezogen, als die neue Linke, als gemeinsame Linke. Und ich bin fest überzeugt: so wie die große Koalition das Thema gesetzlicher Mindestlohn mit Füßen tritt, so wie man die Telekom-Beschäftigten in den sozialen Ruin, in die soziale Vernichtung treiben will, so wie man das alles laufen lässt, so sind wir gefordert, auf der gesamtdeutschen politischen Ebene deutlich zu machen: Solidarität und soziale Sicherung haben ein Zuhause, eine Heimat, und das sind wir."
Denkzettel für Rot-Schwarz
Die Wähler hatten den großen Koalitionen in Bremen und im Bund am Sonntag einen Denkzettel verpasst und den Grünen und der Linkspartei historische Erfolge verschafft. Die Bremer SPD musste schwere Verluste hinnehmen, blieb mit 36,83 Prozent jedoch stärkste Kraft im kleinsten Bundesland. Die Sozialdemokraten verloren nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 5,5 Punkte im Vergleich zu 2003. Die CDU erzielte mit 25,66 Prozent eines ihrer schlechtesten Ergebnisse im Zwei-Städte-Staat (minus 4,1 Punkte).
Mit 16,43 Prozent (plus 3,6) errangen die Grünen das beste Ergebnis bei Landtagswahlen in ihrer Geschichte. Die Linkspartei schaffte 8,40 Prozent (plus 6,7). Die FDP zog bei der bundesweit einzigen Landtagswahl des Jahres mit 5,96 Prozent (plus 1,7) wieder in Fraktionsstärke ins Parlament ein. Die rechtsextreme DVU erreichte 2,75 Prozent (plus 0,4), errang jedoch durch das besondere Bremer Wahlrecht über ihr Ergebnis in Bremerhaven einen Sitz im Parlament.
In den nächsten zwei Wochen will die Bremer SPD nach Angaben ihres Landesgeschäftsführers Roland Pahl Sondierungsgespräche mit beiden möglichen Partnern - CDU oder Grünen - führen. Am 24. oder 25. Mai werde dann ein Landesparteitag darüber entscheiden, mit welcher Partei Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen. Für die eigentlichen Koalitionsverhandlungen seien etwa drei Wochen geplant, sagte Pahl. Anschließend soll wiederum ein Landesparteitag einberufen werden, um das Bündnis abzusegnen.
Quelle: ntv.de