Linksfraktion vor Umbau Gysi tritt als außenpolitischer Sprecher zurück
06.09.2023, 17:25 Uhr Artikel anhören
Rücktritt nach knapp drei Jahren: Im Mai 2020 hatte Linken-Politiker Gregor Gysi den Posten des außenpolitischen Sprechers seiner Fraktion übernommen.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Der Linken-Politiker Gysi tritt als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion zurück. Einen offiziellen Grund für seine Entscheidung gibt der 75-Jährige nicht an. Schon länger führen widersprüchliche außenpolitische Vorstellungen zu Streitigkeiten innerhalb der Linken.
Gregor Gysi legt sein Amt als außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag nieder. Er werde diese Funktion ab der nächsten Sitzungswoche nicht fortsetzen, kündigte er in der Haushaltsdebatte des Bundestags an. Eine Begründung nannte der 75-Jährige nicht. Gysi, der einer der bekanntesten Linken-Politiker in Deutschland ist, hatte den Sprecherposten im Mai 2020 übernommen. Aus der Fraktion hieß es, Gysi habe seinen Entschluss schon vor einiger Zeit dem Vorstand mitgeteilt.
"Zum Schluss möchte ich mich bei den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses für den fairen Umgang miteinander auch bei unterschiedlichen Auffassungen bedanken", sagte Gysi am Ende seiner Rede. "In Zukunft werden Sie die Freude haben, Ihrer Arbeit ohne mich nachgehen zu können."
Vor allem der russische Angriff auf die Ukraine hatte zuletzt widersprüchliche außenpolitische Vorstellungen innerhalb der Linksfraktion hervortreten lassen. Im vergangenen Jahr äußerte sich Gysi "entsetzt" über eine Erklärung, in der die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht und weitere Abgeordnete die NATO für den russischen Überfall mitverantwortlich machte. Er hatte den Fraktionskollegen unter anderem "Emotionslosigkeit hinsichtlich des Angriffskrieges" vorgeworfen.
Demgegenüber sprach sich Gysi für einen Waffenstillstand in der Ukraine und für Friedensverhandlungen aus. "Wollen Sie noch für viele Jahre Tote, Verletzte und Zerstörung in Kauf nehmen?", fragte er. Er nannte die "gigantische Aufrüstung" im Bundeshaushalt überflüssig. Gysi betonte: "Das Zivile, die Diplomatie, die Abrüstung, der Interessenausgleich und die Einhaltung des Völkerrechts von allen Seiten sind unsere wahre Chance."
Gysi will sich Aufarbeitung der Corona-Zeit zuwenden
Ein Fraktionssprecher erklärte später in Berlin, Gysis Rücktritt bedeute nicht, "dass er seine Arbeit im Bundestag reduziert". Gysi bemühe sich, "mit anderen eine Enquete-Kommission zur Untersuchung aller Fragen im Zusammenhang mit der Pandemie und Corona ins Leben zu rufen". Dazu gebe es viele Fragen aus der Bevölkerung und an einer solchen Kommission werde Gysi auch selbst mitwirken.
Die gesamte Linksfraktion befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Eigentlich hatten die Fraktionschefs Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch ihre Posten Anfang des Monats abgeben wollen - sie mussten dann aber im Amt bleiben, weil sich in der Fraktion bislang keine konsensfähige Nachfolge fand. Nun soll bis Ende Oktober ein "tragfähiges Gesamtkonzept" für die Fraktionsspitze erarbeitet werden, wie Parteichefin Janine Wissler angekündigt hat.
Quelle: ntv.de, rwe/dpa/AFP