Politik

"Es wird Frust und Zorn geben" Habeck: Werden Klimaschutzziele 2022 kaum erreichen

Wirtschaftsminister Habeck geht davon aus, dass Deutschland in den beiden kommenden Jahren die Klimaschutzziele nicht erreichen wird.

Wirtschaftsminister Habeck geht davon aus, dass Deutschland in den beiden kommenden Jahren die Klimaschutzziele nicht erreichen wird.

(Foto: picture alliance / Flashpic)

Mit den Grünen in der Bundesregierung sollte der Klimaschutz vorangetrieben werden, doch zunächst werden laut Wirtschaftsminister Habeck die gesteckten Ziele wohl verfehlt. Das liege am Rückstand Deutschlands. Der Strukturwandel werde aber kommen - und er werde viel Unmut erzeugen.

Der neue Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet damit, dass Deutschland die Ziele des Klimaschutzgesetzes vorerst nicht erreichen wird. "Wir werden unsere Ziele vermutlich auch für 2022 noch verfehlen, sogar für 2023 wird es schwer genug", sagte Habeck in einem Interview mit der "Zeit". "Wir fangen mit einem drastischen Rückstand an." Zum Ziel der neuen Bundesregierung, bis Ende des Jahrzehnts 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu beziehen, sagte Habeck: "Wir haben 30 Jahre gebraucht, um auf einen 42-prozentigen Anteil zu kommen. Jetzt haben wir gut acht Jahre Zeit, um das Doppelte hinzubekommen."

Das Klimaschutzgesetz legt Maßnahmen fest, mit denen Deutschland bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral werden soll. Teil des Gesetzes sind verbindliche Sektorziele zur Senkung des CO2-Ausstoßes bis zum Jahr 2030, die für jeden Wirtschaftsbereich eine maximale Emissionsmenge festlegen. Sie wird jährlich weiter gesenkt.

Zur Frage, wie die Sektorziele im Verkehr eingehalten werden sollten, sagte er mit Blick auf Verkehrsminister Volker Wissing: "Es gibt Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag nicht ausgeschlossen sind, die dann bestimmt vom Verkehrsminister eingebracht werden." Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP biete aber "viele Möglichkeiten", um künftig nachzubessern, sollten die einzelnen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft oder auch Energie ihre CO2-Minderungsziele verfehlen, erklärte Habeck. Alle Ministerien hätten den "gemeinsamen Willen", die Erderhitzung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen und damit die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.

Habeck rechnet damit, dass der Strukturwandel durch die Klimapolitik der neuen Bundesregierung zu Frustration in der Bevölkerung führen wird: "Es werden neue Arbeitsplätze entstehen, uns geht die Arbeit nicht aus, ganz im Gegenteil", sagte der Grünen-Chef der "Zeit". "Aber damit geht einher, dass alte Arbeitsplätze etwa im Kohlebergbau wegfallen oder sich verändern, und das kann individuell oder auch für Regionen eine bittere Nachricht werden. Es wird also auch Enttäuschung und vielleicht Zorn geben, da mache ich mir keine Illusionen."

"Implizit gibt es eine Windkraftpflicht"

Angesichts des im Klimaschutzgesetz festgelegten Anstiegs erneuerbarer Energien am Strom-Mix in Deutschland gebe es "implizit schon eine Windkraftpflicht", sagte der Politiker. In Deutschland müssten im Schnitt 1000 bis 1500 Windräder im Jahr gebaut werden, um das Ziel von 80 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030 zu erreichen. "In den letzten Jahren waren es hingegen kaum mehr als 450." Der Ausbau soll durch schnellere Genehmigungsprozesse an Schub gewinnen. "Wir wollen Ende nächsten Jahres alle Gesetze zur beschleunigten Genehmigung von Windrädern fertig haben."

Habeck widersprach der Einschätzung, dass es sich beim Atom-Ausstieg bis Ende 2022 um einen Irrtum handele. Ein Politiker, der den Wiederaufbau der Atomenergie fordere, "müsste dann ja auch sagen, das Atommüll-Endlager möchte ich gern in meinem Wahlkreis haben. Sobald das jemand sagt, werde ich mich wieder mit dem Thema befassen." Er sehe nicht, dass der Anti-Atom-Konsens in Deutschland aufweiche.

Quelle: ntv.de, als/AFP/rts/DJ/dpa

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