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Minister fordert Kooperation ein Habeck will Deutschlands alten "Schlendrian" abwerfen

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Deutschland steckt in der Krise. Doch wie kann sich das Land aus ihr befreien? Raus aus der "Komfortzone der Selbstzufriedenheit", fordert Wirtschaftsminister Habeck bei der Vorstellung seines Haushalts im Bundestag. Zudem ruft er dazu auf, die Situation nicht schlechter zu reden, als sie ist.

Deutschland ist nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu stark gefangen in der Komfortzone. "Raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit" müsse daher das Motto lauten, sagte der Grünen-Politiker im Bundestag bei der Vorstellung des Haushaltes seines Ministeriums. Konkrete Maßnahmen dafür nannte er allerdings nicht.

Mit Blick auf den von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagenen "Deutschland-Pakt" zur Modernisierung des Landes sagte Habeck: "Wir sind ja längst dabei, es zu tun." So führe der Bund mit Nordrhein-Westfalen "Praxischecks" zur Entbürokratisierung bei Unternehmensgründung durch. Mit Baden-Württemberg sei man dabei, die Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien von der Praxis her zu überprüfen und zu entbürokratisieren. "Das heißt doch, dass wir die Kraft zur Zusammenarbeit haben können."

Der Wille zur Kooperation heiße, politische Gegensätze zu akzeptieren, aber das Gemeinsame zu suchen, sagte Habeck. "Der Wille, den Standort Deutschland zu stärken, heißt, auf die Kraft dieses Landes zu setzen und sie zu entfesseln. Lösen wir uns von dem Schlendrian der Vergangenheit, entfesseln wir die wirtschaftliche Kraft Deutschlands, erneuern wir den Wohlstand."

Kritik an Merz' Kreuzberg-Spruch

Habeck warnte davor, trotz aktuell schwacher Wirtschaftsdaten den Standort Deutschland schlechtzureden. "Wir haben Probleme." Viele davon hingen noch mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zusammen, in dessen Folge die Energiepreise deutlich gestiegen sind. "Das heißt aber nicht, dass alles schlecht ist. Wir sind ein starker Standort. Wir sind ein hochinteressanter Standort für ausländische Investoren." Es gebe potenzielle Investitionen in der Pipeline in Höhe von rund 80 Milliarden Euro.

Zudem spielten viele Probleme aus dem vergangenen Jahr heute keine Rolle mehr. So sei der Gas-Importeur Uniper stabilisiert und eine neue Infrastruktur für Flüssiggas aufgebaut worden. Nun gehe es darum, die strukturellen Probleme Deutschlands zu lösen - fehlende Arbeitskräfte, zu wenig Digitalisierung und zu viel Bürokratie. Deutschlands Wirtschaft dürfte laut Internationalem Währungsfonds (IWF) dieses Jahr als einzige große Industrienation nicht wachsen, sondern schrumpfen.

Habeck warnte die Union vor einer "Preisgabe der politischen Mitte": "Wer Vielfalt zu Gegensätzen stilisiert, gibt die politische Mitte preis." Hintergrund ist eine Aussage von CDU-Chef Friedrich Merz - dieser hatte am Montag bei einem Bierzeltauftritt auf dem bayerischen Volksfest Gillamoos gesagt: "Nicht Kreuzberg ist Deutschland, Gillamoos ist Deutschland." Habeck knüpfte an Kritik der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge an Merz an. Dröge sagte am Mittwoch im Bundestag: "Was wir bräuchten, wäre eine konservative Partei, die den Zusammenhalt der Menschen in diesem Land nach vorne stellt."

Spahn: "Deutschland-Pakt" ist "Bonsai-Paket"

Kritik an Habeck kam von der Opposition: CDU-Fraktionsvize Jens Spahn verwies auf eine steigende Arbeitslosigkeit und eine geschwundene Kaufkraft. Es brauche wieder Atomkraftwerke am Netz, die Steuern müssten runter. "Wir sind mitten in der Krise. Es ist Zeit für Taten." Scholz' "Deutschland-Pakt" nannte Spahn einen "Offenbarungseid". "Das Problem ist nicht, dass wir eine Krise haben, die den großen Schulterschluss benötigt. Das Problem ist, dass wir eine Regierung haben, die in der Krise nicht funktioniert."

Der "Deutschland-Pakt" sei in Wahrheit ein Misstrauensvotum des Kanzlers gegen seine eigene Koalition, sagte Spahn. Vieles in dem Pakt könnte die Koalition mit ihrer Mehrheit machen, sie sei aber zerstritten und zerrüttet. "Sie vertrauen einander nicht mehr."

Scholz hatte Länder, Kommunen und die Opposition mit Ausnahme der AfD dazu eingeladen, an einem Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Digitalisierung der Verwaltung und Unterstützung für Unternehmen mitzuwirken.

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Spahn sagte, der "Deutschland-Pakt" sei eine Auflistung von Projekten, bei denen die Ampel-Koalition seit Monaten nicht vorankomme. Er sprach von einem "Bonsai-Paket". "Das ist bestenfalls ein PR-Gag, nur eine neue Verpackung, aber nicht neue Politik." Die Bundesregierung solle konkrete Maßnahmen vorlegen. "Sinnvolle Gesetze sind noch nie an der Union gescheitert, sie scheitern an Ihrer eigenen Koalition."

Der CDU-Politiker schlug der Koalition drei Pakte vor. Er sprach von einem "Pakt für Wachstum": Energiekosten runter, Kernkraftwerke wieder ans Netz, Stromsteuer runter. Spahn schlug weiter einen "Pakt für Leistung und Fleiß" vor: eine Belastungsgrenze bei den Sozialabgaben, Steuerfreiheit bei Überstunden, eine Reform beim Bürgergeld. Spahn nannte außerdem einen "Pakt für sichere Grenzen und gegen illegale Migration".

Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts/AFP

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