Streit um Pendlerpauschale Halbierung für alle?
18.08.2003, 09:38 UhrIm Streit um die geplante Kürzung der Pendlerpauschale erwägt die Regierung eine Halbierung auf 20 Cent. Das zeichnete sich am Montag in Berlin als Kompromiss ab, um bei der Pauschale drei Milliarden Euro zu sparen, ohne einzelne Pendler-Gruppen zu benachteiligen. Sprecher der Ministerien für Finanzen und Verkehr sagten, eine solche Benachteiligung sei nicht beabsichtigt. Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne) verteidigte aber Eichels ursprüngliche Pläne.
Grüne uneins über Pauschale
Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Reinhard Loske, erklärte im WDR, es gebe Alternativen zu dem Konzept von Finanzminister Hans Eichel, Pendlern erst ab einer Entfernung vom Arbeitsplatz über 20 Kilometern eine Pauschale von 40 Cent zuzugestehen. Eine andere Möglichkeit sei, den Satz deutlich von heute etwa 40 Cent auf 15 bis 20 Cent zu reduzieren. Ähnlich hatten sich zuvor auch Regierungskreise geäußert.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne) hält Eichels ursprüngliche Pläne dagegen für sinnvoll. "Es ist richtig, Anreize für die Menschen zu schaffen, die sich ökologisch vernünftig verhalten und mit Bussen und Bahnen fahren", sagte Müller in einem dpa-Gespräch.
Nach Eichels Konzept sollten Autofahrer schlechter gestellt werden als Bus- und Bahnbenutzer. Die Pläne waren sowohl in der SPD-Fraktion wie auch bei Opposition und Verbänden auf massive Kritik gestoßen. Eichel erklärte sich inzwischen aber zu Änderungen bereit, sofern die Einsparsumme von drei Milliarden Euro zum Abbau des Haushaltsdefizits hereinkommt.
Nach Ansicht von Müller ist es der richtige Weg, Fahrkarten für Busse und Bahnen aus umweltpolitischen Gründen weiterhin steuerlich anzuerkennen. "Die geplante Pauschale schafft auch eine vernünftige Nachfrage nach mehr öffentlichen Verkehrsmitteln", erklärte Müller. Dies sei vor allem angesichts des weltweiten Klimawandels ein Schritt in die richtige Richtung.
Union droht mit Stopp
Die Union wird nach den Worten von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) eine mögliche Kürzung der Pendlerpauschale für Autofahrer im Bundesrat stoppen. "Die Regierung des selbst ernannten Autokanzlers Schröder ist auf Geisterfahrt", sagte Stoiber. Eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer, die auf das Auto angewiesen seien, werde es mit CDU und CSU nicht geben, sagte Stoiber.
Massive Kritik
Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe hatte am Montag Änderungen der Pläne gefordert. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering erklärte nach der Präsidiumssitzung der Partei am Montagmittag: "Das wird so auf gar keinen Fall kommen." Die Grünen sprachen sich für eine Gleichstellung aller Verkehrsmittel aus.
Am Wochenende war der Vorstoß des Finanzministeriums bereits von den Automobilherstellern kritisiert worden. Opel-Sprecher Rüdiger Assion sprach von einer "Konjunkturbremse erster Ordnung". Auch VW warnte davor, nur den Berufspendlern die Steuervergünstigung zu streichen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren.
Die Deutsche Bahn hingegen begrüßte Eichels Vorhaben. Die Entscheidung sei ein weiterer Schritt für faire Rahmenbedingungen im Verkehrssektor und ein "positives umweltpolitisches Signal", sagte Bahn-Sprecherin Claudia Wachowitz.
Bislang können Arbeitnehmer unabhängig von dem benutzten Verkehrsmittel eine Entfernungspauschale in der Steuererklärung geltend machen. Dabei bekommen sie 36 Cent für die ersten zehn Kilometer angerechnet und 40 Cent für jeden weiteren Kilometer. Künftig sollen die ersten 20 Kilometer nicht mehr angerechnet werden können, ab dem 21. Kilometer soll es 40 Cent geben.
Quelle: ntv.de