Mögliche Kriegsverbrechen prüfen Harris verurteilt russische "Gräueltaten"
10.03.2022, 15:48 Uhr
Zeigen bei ihrem Treffen in Warschau Einigkeit in Sachen Ukraine-Konflikt: US-Vizepräsidentin Kamala Harris und Polens Präsident Andrzej Duda.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
US-Vizepräsidentin Harris und Polens Präsident Duda werfen Russland die Ausführung von Kriegsverbrechen in der Ukraine vor. Sie fordern internationale Untersuchungen, etwa des Angriffs auf eine Geburtsklinik in Mariupol. Russland sei durch den Krieg geschwächt, die NATO stattdessen gestärkt, urteilt Harris.
Die NATO ist nach den Worten von US-Vizepräsidentin Kamala Harris angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine näher zusammengerückt. "Die NATO ist stärker und Russland ist schwächer wegen dem, was (der russische Präsident Wladimir, Anm.d.Red.) Putin getan hat", sagte Harris bei einem Besuch in der polnischen Hauptstadt Warschau an der Seite von Präsident Andrzej Duda. "Das ist uns allen sehr klar."
Angesichts des russischen Beschusses einer Geburtsklinik in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol am Mittwoch äußerte sich Harris entsetzt. Sie beklagte, in den vergangenen Wochen und erst recht in den vergangenen 24 Stunden seien "Gräueltaten unvorstellbaren Ausmaßes" zu beobachten gewesen. Die US-Vizepräsidentin forderte eine internationale Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen. "Auf jeden Fall sollte es eine Untersuchung geben", antwortete sie auf eine entsprechende Frage. Die Vereinten Nationen hätten bereits ein Verfahren dazu in Gang gesetzt, und die USA würden sich daran natürlich beteiligen, wo immer das angemessen und notwendig sei.
Polen bittet USA um Aufnahme von Geflüchteten
Präsident Duda verurteilte seinerseits das "barbarische" Vorgehen der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Der russische Angriffskrieg habe "Merkmale eines Genozids". "Wenn man Krankenhäuser bombardiert, wo sich schwangere Frauen und Kinder aufhalten, (...) wenn man Bomben wirft und mit Raketen in Wohngebiete schießt, wo es keine militärische Infrastruktur gibt, dann ist das Barbarei, die die Züge eines Völkermordes trägt", so Duda. Der polnische Präsident sagte weiter, eine Gruppe von Ermittlern des Kriegsverbrecher-Tribunals in Den Haag sei bereits in Polen eingetroffen. Es gebe unter den ukrainischen Flüchtlingen in seinem Land viele Zeugen mit Beweisen, darunter auch Videoaufnahmen.
Duda appellierte zudem an die US-Regierung, für die Dauer des Krieges in der Ukraine Flüchtlinge aus dem Land aufzunehmen. Es gebe viele ukrainische Geflüchtete mit Verwandten in den USA, sagte Duda. Diese Menschen würden gerne ihre Verwandten in den USA besuchen und dort "den Krieg abwarten können, um dann in ihre Heimat zurückzukehren", so Duda weiter. Er habe Harris darum gebeten, dass die USA die konsularischen Verfahren in solchen Fällen vereinfachen, um eine Zusammenführung der Flüchtlinge mit ihren Familien zu ermöglichen. In Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Kriegsbeginn mehr als 1,4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen.
Irritationen um MiG-Lieferung an Ukraine
Harris traf am Donnerstag in Warschau neben Duda auch den polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki. Die Stellvertreterin von US-Präsident Joe Biden wollte Polen mit dem Besuch angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und Befürchtungen vor einer Ausweitung des Konflikts den Beistand der USA zusichern.
Zuletzt hatte es aber Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und Polen gegeben. Washington lehnte einen Vorschlag Warschaus ab, polnische Kampfflugzeuge des Typs MiG-29 über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland an die Ukraine zu liefern. Das US-Verteidigungsministerium erklärte am Mittwoch, ein solches Vorgehen sei zu riskant, weil es von Russland als Eskalation angesehen werden könnte. Außerdem seien weitere Lieferungen von Panzer- und Luftabwehrraketen an die Ukraine sinnvoller.
Kurz vor dem Treffen von Harris und Duda wurde bekannt, dass die USA zwei "Patriot"-Raketensysteme von Deutschland nach Polen verlegt haben. Die "Patriot"-Raketenbatterien seien in Polen positioniert worden, sagte ein hoher US-Verteidigungsbeamter am Mittwoch. "Wir werden nicht darüber sprechen, wo sie stationiert sind, und wir werden auch nicht über ihren Einsatzstatus sprechen." Pentagon-Sprecher John Kirby betonte, dass die Verlegung nicht durch ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Handlung seitens der Russen ausgelöst worden sei. Aber angesichts des Kriegs in der Ukraine - Polens Nachbarland - seien die "Patriots" am besten geeignet, NATO-Gebiet zu verteidigen.
Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa