Islamist, aber kein Terrorist "Hörensagen" im Fall Kurnaz
22.02.2007, 08:45 UhrDie Opposition sieht die frühere Bundesregierung auch nach weiteren Zeugenbefragungen im BND-Untersuchungsausschuss im Fall Kurnaz keineswegs entlastet. Verfassungsschützer hatten in der Sitzung am Donnerstag betont, der in Bremen geborene Türke sei von ihnen im Jahr 2002 als Sicherheitsrisiko und potenzieller Terrorist eingestuft worden. Sie verteidigten damit die Entscheidung der rot-grünen Regierung vom Oktober 2002, den in Bremen geborenen Türken im Falle seiner Freilassung aus dem US-Gefängnis Guantanamo nicht nach Deutschland einreisen zu lassen.
Grünen-Obmann Hans-Christian Ströbele sagte, die Gefahreneinschätzung habe nicht auf harten Fakten beruht. Vielmehr sei die Einschätzung des Bremer Landesamts für Verfassungsschutzes von Gerede aus der Bremer Moschee gespeist worden. Die Informationen seien "wenig plausibel und bis heute zweifelhaft". Der FDP-Politiker Max Stadler sprach von vagen Verdachtsgrundlagen und "Zeugenaussagen vom Hörensagen". Es wäre die Pflicht des Rechtsstaates gewesen, diese vagen Momente erhärtet zu bekommen, was aber nicht geschehen sei.
Stadler sagte unter Bezug auf die Aussage von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm, in der Tat habe es 2002 kein offizielles Angebot der USA zur Freilassung von Kurnaz gegeben. "Diese Frage ist vom Tisch." Allerdings habe mit der baldigen Freilassung gerechnet werden müssen, wofür die Präsidentenrunde im Kanzleramt unter Beteiligung des damaligen Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier die Rückkehr nach Deutschland ausgeschlossen habe. Die Links-Politikerin Petra Pau warf der damaligen Regierung vor, damit die Freilassung verhindert zu haben.
SPD-Obmann Thomas Oppermann bescheinigte der früheren Regierung, richtig gehandelt zu haben. Kurnaz sei aufgrund mehrerer Quellen als "potenziell gefährlicher Islamist" eingestuft worden. Die CDU-Politikerin Kristina Köhler vertrat die Ansicht, die Einschätzungen der Behörden hätten Hand und Fuß. Für CDU/CSU stelle sich dennoch die Frage, ob der Rechtsstaat richtig gehandelt habe.
Kurnaz war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nach Pakistan gereist und festgenommen worden. Er kam erst im August 2006 aus US-Haft frei. Der Ausschuss soll klären, ob die damalige Bundesregierung ihm zu Recht die Einreise verwehren wollte. Außenminister Steinmeier wird als früherem Kanzleramtschef vorgeworfen, die Entlassung hintertrieben zu haben.
Quelle: ntv.de