Politik

"Fangen wieder von vorne an" Holbrooke will deutsche Soldaten

Der US-Sondergesandte umschmeichelt Deutschland, um mehr Bundeswehrsoldaten für Afghanistan zu bekommen. Die Bundeswehr sei "unabkömmlich". Zugleich kritisiert Holbrooke die bisherige Afghanistan-Strategie als nutzlos: "Im Ergebnis fangen wir im neunten Jahr des Krieges wieder von vorne an." Die CSU wehrt sich derweil immer stärker gegen eine Truppenaufstockung.

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan: "Unabkömmlich" seien die deutschen Soldaten, meint Holbrooke.

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan: "Unabkömmlich" seien die deutschen Soldaten, meint Holbrooke.

(Foto: REUTERS)

Der US-Sondergesandte für Afghanistan, Richard Holbrooke, hat für die Entsendung weiterer Bundeswehr-Soldaten an den Hindukusch geworben. Gegenüber mehreren deutschen Medien räumte er zugleich Fehler bei der bisherigen Strategie für Afghanistan ein. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl (CSU), äußerte sich allerdings skeptisch über eine mögliche Truppenaufstockung.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung lieber zusätzliche zivile Helfer oder mehr Soldaten schicken solle, antworte Holbrooke: "Schön wäre beides." Der US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan sagte, es sei "kein Problem", wenn Deutschland für eine derartige Entscheidung noch sechs Wochen brauche. Auch der Entscheidung der US-Regierung, 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, sei eine mehrmonatige Prüfung vorausgegangen. Die Bundesregierung hat angekündigt, die internationale Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London abzuwarten.

"Wieder von vorne anfangen"

Holbrooke umwirbt Deutschland für einen stärkeren Beitrag zu Afghanistan.

Holbrooke umwirbt Deutschland für einen stärkeren Beitrag zu Afghanistan.

(Foto: REUTERS)

Holbrooke hatte unter anderem mit der "Süddeutschen Zeitung", dem ZDF, der "FAZ" und der "Berliner Zeitung" gesprochen. Der Sondergesandte kritisierte in den Interviews die bisherige internationale Afghanistan-Strategie. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass sich die Deutschen um die Ausbildung der afghanischen Polizei, die Briten um den Kampf gegen den Drogenhandel und die Italiener um den Aufbau des Rechtssystems in Afghanistan kümmerten. "Das Ganze war unkoordiniert und hat uns nicht sonderlich weit gebracht", sagte der US-Gesandte. "Im Ergebnis fangen wir im neunten Jahr des Krieges wieder von vorne an."

Holbrooke lobte den Einsatz der Bundeswehr in Nordafghanistan. Die Lage dort werde "immer gefährlicher", so dass die deutschen Soldaten "unabkömmlich" seien. Der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus Anfang September habe allerdings "sehr geschadet", sagte Holbrooke. Allerdings äußerte er zugleich Verständnis für die Situation des deutschen Obersts, der die Bombardierung angefordert hatte. "Es ist schwer, in Sekundenbruchteilen Entscheidungen zu treffen, wenn man sich bedroht fühlt.

Die Entscheidung der USA, sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf ihren Einsatz im Irak zu konzentrieren, bezeichnete Holbrooke als "Riesenfehler". "Jetzt müssen wir die Folgen tragen und das reparieren", fügte er hinzu.

CSU gegen Truppenaufstockung

Der CSU-Politiker Uhl äußerte sich zurückhaltend zu einer möglichen Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents. Nach acht Jahren Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch sei es "unangemessen, die Diskussion über mehr oder weniger Soldaten in den Vordergrund zu stellen", zitiert der "Kölner Stadt-Anzeiger" aus einem Positionspapier von Uhl. Vielmehr bedürfe es "einer Überprüfung unserer Ziele und einer effektiven Strategie zu deren Erreichung". Erst danach solle über die dafür notwendigen Mittel nachgedacht werden.

Uhl warnte in dem Papier vor unrealistischen Zielen. "Überambitionierte Ansätze" wie die "Einführung einer zentral organisierten Demokratie" würden nur dazu führen, "dass wir unser umfassendes militärisches Engagement für unabsehbare Zeit aufrechterhalten müssen".

Grüne fordern Kurswechsel

Die Grünen lehnen eine Aufstockung der Bundeswehr-Einheiten ab. "Ich bin dagegen. Wir brauchen nicht mehr Militärs, wir brauchen eine zivile Offensive. Also den Aufbau von Polizei, Justiz und Wirtschaft", sagte die Parteivorsitzende Claudia Roth dem "Münchner Merkur". Sie forderte zudem "eine klare Abzugsperspektive" für die deutschen Truppen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) bezweifelt aber, dass sich genügend geeignete Polizisten finden für den geplanten Ausbau der Schulung afghanischer Sicherheitskräfte. Viele Beamte fielen wegen schlechter Englischkenntnisse bei den Einstellungstests für Auslandseinsätze durch, sagte Thomas Mischke vom BDK der "Berliner Zeitung".

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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