Politik

"Das Virus ist unter uns" Impfung dringend geboten

Nach aktuellen Impfplänen können sich viele Menschen zwar erst ab etwa Ende November gegen die Schweinegrippe impfen lassen. Das Bundesgesundheitsministerium wünscht sich dennoch eine "hohe Impfbeteiligung" und hält diese auch für "dringend geboten".

In einer Umfrage lehnten 73 Prozent der Befragten die Impfung ab.

In einer Umfrage lehnten 73 Prozent der Befragten die Impfung ab.

(Foto: dpa)

In den kommenden Wochen sollen sich wie geplant Mitarbeiter des Gesundheitswesens, der Polizei, der Feuerwehr sowie Menschen mit chronischen Erkrankungen und Schwangere gegen die Schweinegrippe impfen lassen können, sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder in Berlin. Die Versorgung dieser Gruppen werde wahrscheinlich Ende November, Anfang Dezember abgeschlossen sein. Dann könne sich der Rest der Bevölkerung impfen lassen. Diese Impfungen sollen bis ungefähr Ende Januar dauern.

Das Bundesgesundheitsministerium appellierte derweil an die Bürger, sich möglichst zahlreich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. Der wirksamste Schutz gegen die neue Grippe sei die Impfung, sagte der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, in Berlin. Das Ministerium wünsche sich eine "hohe Impfbeteiligung" und halte diese auch für "dringend geboten".

Flexible Impfung

Wer sich wann genau impfen lassen kann, wird in den Bundesländern geregelt. Von diesem Impfplan kann es nach Angaben von Experten aber auch Ausnahmen geben. Hat ein Arzt beispielsweise an einem bestimmten Tag nur acht impfwillige Patienten, die zu einer gefährdeten Gruppe gehören, könnte er zwei weitere "normale" Patienten schon vor dem eigentlich geplanten Zeitraum impfen. Das liegt daran, dass eine Flasche des Impfstoffs für zehn Dosen reicht - aber nach dem ersten Gebrauch nur rund 24 Stunden haltbar ist. Bevor also Impfmengen ungenutzt entsorgt werden, könnten Mediziner diese auch für Patienten verwenden, die nach dem Impfplan erst später dran wären.

Rund 25.000 Fälle in Deutschland

Bisher verlaufe die Grippe zum Glück mild, sagte Schröder. Es sei aber im Herbst und Winter mit einer stärkeren und intensiveren Ausbreitung zu rechnen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gab es bislang 25.000 Schweinegrippe-Fälle in Deutschland, darunter zwei Todesfälle. Die Ansteckungszahlen steigen laut RKI-Präsident Jörg Hacker derzeit wieder an. Hacker verwies zudem darauf, dass mehr als 90 Prozent der Menschen das Virus in Deutschland und nicht wie noch im Sommer im Ausland bekommen hätten. "Das Virus ist unter uns", sagte Hacker.

Schröder wies zudem erneut Vorwürfe von Zwei-Klassen-Impfstoffen zurück. "Es gibt in Deutschland keinen besseren und keinen schlechteren Impfstoff", sagte der Staatssekretär. Die Bundesverwaltung hatte bereits im vergangenen Jahr für Teile ihrer Angehörigen wie Soldaten, Bundespolizei und die fast 70.000 Mitarbeiter der Krisenstäbe einen eigenen Vertrag mit dem US-Hersteller Baxter abgeschlossen. Der Impfstoff Celvapan des Herstellers Baxter enthält im Gegensatz zum Mittel Pandemrix, das die Bundesländer für die Bevölkerung bestellt haben, keinen Wirkverstärker, sogenannte Adjuvanzien, und gilt deshalb allgemein als verträglicher. Um diese möglichen Nebenwirkungen war in den vergangenen Wochen ein Streit entbrannt.

Einige Unklarheiten

Etwas vage blieb Schröder bei der Frage der Haftung. Medienberichten zufolge müsste der Hersteller GlaxoSmithKline nicht dafür haften, falls es durch die Impfungen zu Nebenwirkungen oder gar stärkeren Gesundheitsbeeinträchtigungen kommen sollte. Demnach müssten der Staat oder der behandelnde Arzt für mögliche Schäden haften. Schröder sagte dazu jedoch: "Es gibt keine Staatshaftung in dem Sinne." Es gebe dagegen "Ansprüche, die geltend gemacht werden können" und die sowohl von den Herstellern zu erfüllen seien wie auch vom Staat.

Auch für Schwangere gibt es keine eindeutigen Angaben. Der Impfstoff Pandemrix, der mit einem Wirkstoffverstärker verabreicht wird, ist für Schwangere umstritten. Denn da er wie andere Medikamente nicht an Schwangeren getestet werden durfte, liegen keine Angaben zu möglichen Risiken vor. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte jedoch empfohlen, dass sich Schwangere ab dem vierten Monat impfen lassen. Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts, Johannes Löwer riet Schwangeren, sich mit ihrem Arzt zu beraten und eine individuelle Entscheidung zu treffen. Allerdings sei es sinnvoll, dass Schwangere mit einem hohen Infektionsrisiko - wie beispielsweise Lehrerinnen - sowie mit chronischen Erkrankungen wie des Herz- Kreislauf-Systems oder Diabetes bevorzugt geimpft würden.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind in Deutschland bislang rund 25 000 Menschen an Schweinegrippe erkrankt, zwei davon starben. Nach einer ersten leichten Welle mit bis zu 3500 neu registrierten Erkrankten pro Woche im Juli und August, sei die Zahl der Fälle gesunken, sagte RKI-Präsident Jörg Hacker. Mittlerweile sei jedoch wieder ein leichter Anstieg zu beobachten. Allein in der vergangenen Woche seien knapp 1600 neue Fälle registriert worden. "Das ist ein Indikator dafür, dass wir es mit einer leicht steigenden, möglicherweise beschleunigten Entwicklung zu tun haben." Weltweit starben bisher mehr als 4700 Menschen. (Informationen gibt es im Internet unter www.neuegrippe.bund.de sowie beim Bürgertelefon des Bundesgesundheitsministeriums (montags bis freitags von 08.00 bis 18.00 Uhr) unter der Nummer 030-34 64 65 100.)

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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