"Invasion von Quallen gefährlicher" Israel nimmt Aktivisten fest
08.07.2011, 19:10 Uhr
"No entry", hieß es für die Aktivisten am Flughafen ben Gurion - oder schon vorher.
(Foto: dpa)
Hunderte Sicherheitskräfte und eine Schwarze Liste: Mit allen Mitteln verhindert Israel die Einreise von pro-palästinensischen Aktivisten. Europäische Fluggesellschaften kooperieren -und müssen sich jetzt Kritik gefallen lassen.
Israel hat mehr als 200 pro-palästinensische Aktivisten an der Einreise gehindert. Das Innenministerium hatte zuvor mehreren Fluggesellschaften wie der Lufthansa, Alitalia, Austrian Airlines und Air France eine Schwarze Liste mit den Namen von 342 Personen übergeben, die nicht befördert werden sollen. Auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv nahmen Sicherheitskräfte darüber hinaus mindestens 30 Personen fest, die nun in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden sollen.
Die Betroffenen wollten nach Angaben der Initiative "Willkommen in Palästina" ins Westjordanland reisen, um sich ein eigenes Bild vom Leben der Palästinenser unter israelischer Besatzung zu machen. Allerdings haben die Organisatoren auch Proteste gegen die israelische Sperranlage zum Westjordanland sowie Siedlungen geplant. Nur eine kleine Gruppe der Besucher hatte bis zum Freitagnachmittag die Einreise nach Israel und den Weg nach Bethlehem geschafft.
Das israelische Innenministerium hat die Teilnehmer an der Initiative als "pro-palästinensische Radikale" eingestuft, die provozieren und das öffentliche Leben stören wollten. Die Behörde setzte 342 Männer und Frauen deshalb auf eine Schwarze Liste und erteilte ein Einreiseverbot.
Danach forderte das Innenministerium mehrere Fluggesellschaften wie die Lufthansa, Alitalia, Austrian Airlines, Air France und easyJet auf, diese Personen nicht zu befördern. Anderenfalls müssten sie die Kosten für deren Rücktransport selbst tragen und längere Abfertigungszeiten in Kauf nehmen. Auf den Flughäfen in Paris wurden rund 200, in Genf rund 30 Fluggäste nicht abgefertigt, worauf es zu Protesten kam.
In Deutschland soll es nach Angaben der Aktivisten einen Fall in Berlin gegeben haben. Die Lufthansa wollte das weder bestätigen noch dementieren. Ein Sprecher sagte: "Wir können bestätigen, dass auf der Liste der israelischen Behörden auch Lufthansa-Passagiere stehen. Im Einzelnen äußern wir uns nicht zu Passagierdaten." Zugleich kündigte die Lufthansa an, sich an die Vorgaben Israels zu halten. "Es besteht eine Verpflichtung, den Einreisegesetzen und behördlichen Anordnungen der Zielstaaten Folge zu leisten", sagte der Sprecher.
"Kontrollen nach Europa verlegt"
Das Verhalten der Fluggesellschaften stieß auf Kritik. "Israel hat seine Grenzkontrolle nach Europa verlegt und die Fluggesellschaften kooperieren dabei", kritisierte Sophia Deeg vom "Deutschen Koordinationskreis Palästina Israel". Außerdem richteten sich diese willkürlichen Kontrollen gegen unbescholtene europäische Bürger. Auch die Organisatoren der Initiative "Willkommen in Palästina" reagierten in Bethlehem empört. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich europäische Länder den undemokratischen Maßnahmen Israels anschließen", sagte Sami Awad von dem Bündnis.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies den Vorwurf zurück, geradezu hysterisch auf die Ankunft von unbewaffneten Männer und Frauen zu reagieren. Jedes Land habe das Recht, Provokateuren die Einreise zu verbieten, sagte Netanjahu der Tageszeitung "Jediot Achronot". Israel wolle Provokationen und öffentliche Aufruhr verhindern.
Auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Reinhold Robbe, verurteilte die geplante Massenreise der Aktivisten. Die Aktion "Willkommen in Palästina" sei eine ebenso unsinnige wie überflüssige Provokation. Den Aktivisten gehe es in erster Linie darum, das Ansehen Israels mit allen Mitteln zu beschädigen.
Die Invasion von Quallen sei für Israel eine weitaus größere Gefahr, schrieb hingegen die Tageszeitung "Jediot Achronot". "Einmal pro Woche fühlt Netanjahu die Notwendigkeit, einen Feind auszumachen, ihn bis zu alarmierender Größe aufzublasen, ihn heroisch zu bekämpfen und ihn mit einem Knockout noch vor dem Schabbat zu bezwingen", höhnte das Blatt.
Quelle: ntv.de, dpa