Herber Schlag für Monti Italien steckt im Krisenmorast
04.07.2012, 13:35 Uhr
Wieder schlechte Nachrichten für Mario Monti.
(Foto: dpa)
Italiens Ministerpräsident Monti steht schon vor einem schwierigen Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel. Kurz vor Beginn des Treffens wird er mit neuen grottigen Haushaltszahlen konfrontiert: 8,0 Prozent Defizit im ersten Quartal! Italien rutscht trotz Reformbemühungen immer tiefer in die Rezession.
Kurz vor den Konsultationen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rom haben den italienischen Regierungschef Mario Monti neue Hiobsbotschaften erreicht. Wie das Nationale Statistikamt Istat mitteilte, stieg die Neuverschuldung des Landes im ersten Quartal des Jahres auf 8,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Damit liegt das Defizit um einen Prozentpunkt höher als im Vorjahreszeitraum. Als Grund nannte Istat, dass Italien für neue Staatsanleihen höhere Zinsen zahlen muss und dass der Staat aufgrund der schrumpfenden Wirtschaft weniger Steuern einnimmt.
Das aktuelle Defizit ist demnach das Höchste seit dem ersten Quartal 2009, als die Finanzierungslücke auf 9,5 Prozent des BIP gestiegen war. Im Gesamtjahr 2011 lag das italienische Defizit bei 3,9 Prozent. Die Regierung Monti wollte im laufenden Jahr das Defizit um 1,3 Prozentpunkte verringern, trotz eines erwarteten Schrumpfens der Wirtschaft um 1,2 Prozent.
Riesiger Schuldenberg
Bereits im vergangenen Jahr war die Wirtschaft Italiens um 0,8 Prozent geschrumpft. Das Istat betonte, dass starke Schwankungen der Neuverschuldung in einzelnen Quartalen üblich seien.
Italien ächzt unter einer Schuldenlast von mehr als 1,9 Billionen Euro. Die Regierung in Rom hat deshalb harte Einschnitte vorgenommen und es sich zum Ziel gemacht, 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Hierfür wurden unter anderem das Renteneintrittsalter für hunderttausende Italiener angehoben, Ausgaben gekürzt und vor allem die Mehrwert- und Immobiliensteuer erhöht.
Monti hat sich vor dem Treffen mit Merkel der Ansicht entgegengestellt, dass auch sein Land bald unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen muss. "Italien verlangt keine Rettung und keine Euro-Bonds. Italien macht alles, was für die Steigerung des Wachstums verlangt wird", betonte Monti in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Als Beispiele nannte er eine tiefgreifende Rentenreform, Liberalisierungen, die Begünstigung von Unternehmen bei den letzten Steuererhöhungen und Gesetze zur Beschleunigung der Zivilprozesse und gegen Korruption. Der Ministerpräsident fügte hinzu: "Finanzielle Hilfe zu verlangen, bedeutete tatsächlich, die Probleme zu verbergen."
Monti machte auch deutlich, seine Regierung sei "nicht in der Lage, in einem Jahr und vier Monaten das Land von Grund auf zu reformieren". Er denke aber, dass Italien mit jedem Monat seinem Ziel näher komme, politisch stabiler und wirtschaftlich attraktiver zu werden, fügte der Ministerpräsident hinzu.
Keine tiefergehenden Differenzen
In der Europapolitik betonte Monti die Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Italien. Nach dem hätte die Presse besser schreiben sollen, "Angela plus Mario ist gleich ein Schritt nach vorne für die europäische Wirtschaftspolitik", sagte Monti zum Eindruck, nach dem EU-Gipfel in Brüssel bestünden zwischen ihm und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tiefergehende Differenzen. Denn beide beschritten bei Fiskal- und Wachstumspolitik dieselben Wege. Italien sei stets für mehr Wachstum eingetreten, aber nicht "auf Kosten der Haushaltsdisziplin", stellte Monti klar. Er habe in Brüssel mittels "klassischer Verhandlungsmethode" dazu beigetragen, etwas "für das Wachstum und die finanzielle Stabilität" in Europa zu tun.
zu dem bereits vereinbarten 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspakt von direkter Hilfe für ihre in Not geratenen Banken abhängig gemacht.
Westerwelle gegen vergemeinschaftete Schulden
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erteilte einer Vergemeinschaftung der Schulden in Europa auch langfristig eine Absage. "Sie ist kein Ziel Deutschlands, auch kein Fernziel", sagte Westerwelle der Turiner Zeitung "La Stampa". Eine solche Vergemeinschaftung der Schulden "wäre ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler, der die europäische Idee gefährdet".
"Nur zusammen wird uns Europäern der Weg aus der Schuldenkrise gelingen", erklärte der Minister zu der Frage, ob der EU-Gipfel vom vergangenen Freitag eine Verschiebung der Machtbalance markiere. "Wir brauchen starke und solide Partner, die durch Reformen die Lösung der Krise voranbringen. Italien steht dabei für uns ganz vorne."
Merkel reist mit fünf Ressortchefs nach Rom zu den bereits seit Monaten vereinbarten deutsch-italienischen Konsultationen. Die Gespräche finden in regelmäßigen Abständen statt und dienen der engeren Abstimmung der Regierungsarbeit beider Länder. An den Konsultationen nehmen auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Außenminister Westerwelle (FDP), Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) teil. Im Mittelpunkt des Treffens stehen die Nachbereitung des Brüsseler EU-Gipfels und die bilaterale Zusammenarbeit.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/rts