Brexit-Verhandlungen abgebrochen Jetzt reden Johnson und von der Leyen
05.12.2020, 03:06 Uhr
Am 31. Dezember endet die Übergangsphase nach dem britischen EU-Austritt. Bis dahin sollte das Abkommen stehen.
(Foto: REUTERS)
Die Zeit für ein Post-Brexit-Abkommen wird knapp. Eine Woche lang verhandeln die Unterhändler intensiv, oft bis tief in die Nacht hinein. Am Abend brechen sie die Gespräche vorerst ab. Nun sollen sich die Chefs über den Stand der Dinge austauschen. Kann auf höherer Ebene vielleicht ein Durchbruch gelingen?
Die Verhandlungen der EU mit Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit stecken in einer Sackgasse. Am Freitagabend teilten die Verhandlungsführer beider Seiten mit, sie hätten sich wegen "bedeutender Meinungsverschiedenheiten" auf eine Pause in den Gesprächen verständigt. Über die Zukunft der Post-Brexit-Verhandlungen beraten nun am Samstagnachmittag der britische Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran. Inzwischen ist die Zeit für eine rechtzeitige Ratifizierung eines möglichen Abkommens bis zum 1. Januar schon äußerst knapp.
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier führte seit dem vergangenen Wochenende Gespräche mit seinem britischen Kollegen David Frost in London. "Nach einer Woche intensiver Verhandlungen in London" hätten sich beide Seiten "heute darauf verständigt, dass die Bedingungen für ein Abkommen nicht gegeben sind", teilten Barnier und Frost am Freitagabend in gleichlautenden Erklärungen mit.
Grund seien "bedeutende Meinungsverschiedenheiten" in den Bereichen zu fairen Wettbewerbsbedingungen, der Kontrolle eines künftigen Abkommens und der Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern, hieß es weiter. Beide Seiten würden nun ihre Vorgesetzten über den Stand informieren, bevor Johnson und von der Leyen die Lage am Samstagnachmittag besprechen würden. Nach EU-Angaben findet das Gespräch um 17.30 Uhr statt.
Frankreich droht Veto an
Frankreich hatte in den Verhandlungen am Freitag mit einem Veto gedroht. "Sollte es ein Abkommen geben, das nicht gut ist, würden wir uns ihm entgegenstellen", sagte Europastaatssekretär Clément Beaune dem Radiosender Europe 1. Die französische Regierung werde von ihrem Vetorecht Gebrauch machen, falls bestimmte Bedingungen insbesondere beim Thema Fischerei nicht erfüllt seien. Laut EU-Kommission hat der Fischereibereich pro Jahr ein Gesamtvolumen von 635 Millionen Euro. Die Bedeutung im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren ist damit eigentlich gering. In Brüssel wird aber darauf verwiesen, dass das Thema in Ländern wie Frankreich, Belgien oder Dänemark "eine hochpolitische Frage" ist.
Belgien, die Niederlande, Dänemark und Spanien teilen Frankreichs Bedenken, dass der Abschluss eines Abkommens nicht überstürzt werden dürfe. In diesen Ländern gibt es offenbar auch die Befürchtung, dass Barnier den Briten zu viele Zugeständnisse im Bereich fairer Wettbewerbsbedingungen machten könnte.
Einige Mitgliedstaaten verdächtigen Deutschland, das derzeit den EU-Vorsitz hat, wegen seiner wichtigen Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien auf jeden Fall einen Deal durchdrücken zu wollen. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte dagegen, die Bundesregierung wolle ein Abkommen, "aber nicht um jeden Preis".
Die gleiche Formulierung nutzte auch EU-Ratspräsident Charles Michel. Die EU wolle eine Einigung, aber nicht um jeden Preis, sagte Michel. Zu einer Einigung gehörten zwei, fügte er hinzu. Auch Großbritannien stehe in der Verantwortung. Die EU sei eine starke Macht, wenn es um Regeln und Standards gehe. Großbritannien müsse sich entscheiden, welche Standards es künftig haben wolle.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa