Rechtzeitig zum Opferfest Karlsruhe lockert Schächtverbot
15.01.2002, 07:45 UhrDas Bundesverfassungsgericht hat kurz vor einem wichtigem Fest im islamischen Kalender ein bedeutendes Urteil für in Deutschland lebende Moslems gefällt. Das Gericht entschied, das so genannte Schächten, d.h. das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung, nicht generell zu untersagen. In der Urteilsbegründung hieß es, es müsse beachtet werden, dass bestimmten Religionsgemeinschaften innerhalb des Islams das Verzehren von geschächtetem Fleisch vorgeschrieben ist.
Am 22. Februar beginnt das islamische Opferfest - und bei ihrem wichtigsten Feiertag achten Moslems ganz besonders auf ihre Nahrungsvorschriften.
Mit dem Urteil hatte die Verfassungsbeschwerde eines muslimischen Metzgers aus Nordhessen Erfolg, dem die Ausnahmegenehmigung für das Schächten nach Jahren wieder entzogen worden war. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Gerichte die Ausnahmegenehmigung nach dem Tierschutzgesetz zu eng ausgelegt und damit die Religionsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt hätten.
Religionsfreiheit versus Tierschutz
Tierschützer reagierten enttäuscht auf das Urteil. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, bezeichnete es als bedauerlich, dass kommerzielles Handeln über den Tierschutz gestellt werde. Der moslemische Metzger, Rüstem Altinküpe, der die Verfassungsbeschwerde angestrengt hatte, zeigte sich hingegen zufrieden. Die Entscheidung sei ein Beitrag zur Integration von Moslems.
Beim Schächten werden den Tieren ohne Betäubung Halsschlagader, Luft- und Speiseröhre durchgeschnitten, damit sie vollständig ausbluten. Zweck ist es, das vollständige Ausbluten des Tieres zu ermöglichen, weil der Koran den Verzehr von Blut untersagt.
Die Karlsruher Richter hatten erstmals über die Grenzen zwischen islamischen Regeln und deutschen Gesetzen zu entscheiden. Bisher hatten die Gerichte argumentiert, der Islam schreibe, anders als das Judentum, das Schächten nicht zwingend vor. Nach dem Tierschutzgesetz ist das Töten von Tieren ohne Betäubung untersagt. Ausnahmen sind jedoch für Angehörige von Religionsgemeinschaften zulässig, deren "zwingende Vorschriften" den Verzehr von nicht geschächtetem Fleisch untersagen.
Quelle: ntv.de