Politik

Zwei Mütter zum Wohl des Kindes Karlsruhe macht Hoffnung

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(Foto: dapd)

Warum sollten zwei Frauen oder zwei Männer, die gemeinsam ein Kind erziehen, nicht beide dieses Kind adoptieren dürfen? Dem Verfassungsgericht fällt dazu kein guter Grund ein – es deutet ein Urteil für mehr Gleichstellung an. Fast alle Parteien in Deutschland würden gerne noch weiter gehen.

Vor dem Bundesverfassungsgericht deutet sich eine Korrektur beim Adoptionsrecht für homosexuelle Paare an. In der mündlichen Verhandlung sprachen sich fast alle Experten dafür aus, Homosexuellen eine Adoption auch dann zu ermöglichen, wenn ihr Lebenspartner das Kind zuvor selbst adoptiert hatte. Der Grünen-Politiker Volker Beck betonte, es gehe dabei "zuallererst um die Rechte der Kinder und nicht um die Rechte der Lebenspartner". Für die Kinder sei es von Vorteil, wenn zwei Eltern sorgerechtlich und unterhaltsrechtlich verpflichtet seien. Bei einem heterosexuellen Ehepaar wäre eine solche so genannte Sukzessivadoption möglich.

Die Karlsruher Richter verhandelten unter anderem über die Beschwerde einer Ärztin aus Münster. Ihre Lebenspartnerin, eine Innenarchitektin, hatte 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert. Das Kind, inzwischen 13 Jahre alt, lebt mit beiden im gemeinsamen Haushalt – doch den Wunsch der Ärztin, ebenfalls Adoptivmutter zu werden, lehnten die Gerichte entsprechend der gesetzlichen Regelung ab.

Die Experten betonen, dass die Kinder in solchen Fällen ohnehin bereits mit beiden Lebenspartnern in einem gemeinsamen Haushalt leben. "Es dient dem Wohl des Kindes, wenn eine faktische Beziehung auch rechtlich abgesichert wird", sagte Nina Dethloff von der wissenschaftlichen Vereinigung für Familienrecht. Psychologen betonten, dass Kinder in "Regenbogenfamilien" sich genauso gut entwickeln wie in anderen Familienformen. "Eine Aufspaltung der Elternrolle kann nicht im Sinne des Kindes sein", sagte Marion Schwarz von Berufsverband der Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

Gefahr von Stigmatisierung?

Bedenken kamen vom Deutschen Familienverband (DFV). Kinder homosexueller Eltern liefen Gefahr, "Opfer von Stigmatisierung zu werden", sagte DFV-Präsident Klaus Zeh. Dabei sei die Suche nach der eigenen Identität für adoptierte Kinder ohnehin schwierig. Bei den Richtern schien Zeh damit nicht viel Eindruck zu machen. Schließlich werde bei der Sukzessivadoption nur eine zusätzliche Bezugsperson geschaffen, sagte Verfassungsrichter Andreas Paulus. "Ich sehe nicht, wie das die Identitätssuche verschlimmert." Mehrere Experten betonten, dass möglicherweise bestehende Diskriminierungen kein Anlass sein dürften für eine rechtliche Schlechterstellung.

Mit einer Verkündung der Entscheidung über die Sukzessivadoption ist erst im kommenden Jahr zu rechnen. Schon in mehreren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte von homosexuellen Paaren gestärkt – etwa bei der Erbschaftssteuer und beim Familienzuschlag für Beamte.

Unionsparteien lehnen steuerliche Gleichstellung ab

Bundesjustizministerin Sabine  Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) setzt nun auf einen weiteren Schritt in diese Richtung. Die FDP tritt nach ihren Worten über den Karlsruher Fall  hinausgehend für ein generelles Adoptionsrecht homosexueller  Partnerschaften ein. Sie sehe allerdings nur die Chance, das  umzusetzen, was Karlsruhe entscheidet, sagte  Leutheusser-Schnarrenberger weiter. In der schwarz-gelben Koalition  sei wegen des Widerstands der Union mehr derzeit nicht durchsetzbar.

Beim Thema der steuerlichen Gleichstellung will die Justizministerin aber mehr erreichen. Sie äußerte die Hoffnung, im kommenden Jahr zu einer neuen Regelung zu kommen. Auch dazu ist beim Bundesverfassungsgericht eine  Klage anhängig. Die im Bundestag vorhandene Mehrheit will die FDP aber nicht nutzen: «Natürlich gilt in einer Koalition, dass es nicht wechselnde  Mehrheiten gibt.» CDU und CSU lehnen die Gleichstellung ab, deshalb könnte sie allenfalls durch ein Urteil aus  Karlsruhe erreicht werden.

Quelle: ntv.de, dpa/che/AFP

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