Politik

Pflugscharen statt Schwerter Karsai trifft Schröder

Deutschland will als traditioneller Partner Afghanistans den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes tatkräftig unterstützen, aber seine militärische Rolle begrenzt halten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lehnte nach einem Treffen mit dem afghanischen Übergangsregierungschef, Hamid Karsai, eine Ausweitung des Mandats der internationalen Schutztruppe (ISAF) über Kabul hinaus ab. Karsai ging davon aus, dass die Türkei Ende April nach den Briten die Führungsrolle der ISAF übernehmen wird.

Schröder nahm eine Einladung Karsais zu einem Besuch in Kabul an. Karsai bedauerte, dass die Bundeswehr trotz seines Bittens nicht die gesamte ISAF-Führung in Kabul übernehmen will: "Wir können Deutschland dazu nicht zwingen." Wenn die Türkei die ISAF-Führung übernehme, werde Deutschland aber immer noch die "Nummer zwei" der Schutztruppe aus 19 Nationen sein.

Deutschland werde sich auch weiter in der ISAF engagieren, sagte der Kanzler. "Ich habe aber deutlich gemacht, dass wir einer räumlichen Ausweitung des Mandats skeptisch gegenüber stehen." Daran könne sich die Bundeswehr nicht beteiligen. Über eine Verlängerung und Ausweitung des ISAF-Mandats müsse der UN-Sicherheitsrat entscheiden. Das UN-Mandat ist bis Ende Juni befristet.

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping sprach sich nach einem Gespräch mit Karsai für eine schnelle Entscheidung über eine Verlängerung des deutschen Afghanistan-Mandats aus. Eine Erhöhung der personellen Stärke von derzeit 1.200 Soldaten schloss der Minister dagegen aus. Scharping erklärte, Deutschland sei mit seinem Engagement auf dem Balkan an die Grenzen seiner Möglichkeiten gestoßen. Auch eine Führungsrolle bei der internationalen Schutztruppe könne Deutschland nicht übernehmen. Karsai zeigte Bedauern über diese Entscheidung.

Enge wirtschaftliche Zusammenarbeit geplant

Deutschland und Afghanistan unterzeichneten nach Angaben Schröders eine Absichtserklärung über eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit privater Investoren beim Wiederaufbau des Landes. Deutschland wolle Afghanistan auf eigene Kosten auch Experten für den Wiederaufbau der Infrastruktur zur Verfügung stellen. Als Bereiche für deutsche Hilfe nannte Schröder den Bausektor und die Telekommunikation sowie das Bildungswesen und die Polizei. Bei einem Treffen mit Vertretern des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) warb Karsai um deutsche Wirtschaftshilfe.

Karsai würdigte die seit mehr als einem Jahrhundert währende deutsch-afghanische Freundschaft. "Wir kennen Deutschland als langjährigen Freund, der mit uns durch dick und dünn gegangen ist." Karsai sprach den Familien der beiden vor einer Woche bei einem Sprengunfall in Kabul getöteten Bundeswehrsoldaten sein Beileid aus.

Bei einem Gespräch mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse zeigte sich Karsai zuversichtlich, dass gemäß dem in Bonn vereinbarten politischen Übergangsprozess in zwei bis drei Jahren Parlamentswahlen in Afghanistan stattfinden können. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte dem Regierungschef technische und finanzielle Hilfe bei der Einberufung der traditionellen Stammesversammlung Loja Dschirga Mitte Juni zu.

Die etwa 1.500 Stammesältesten sollen die zweite Etappe des politischen Übergangsprozesses in Afghanistan einleiten und eine umfassendere Regierung für weitere 18 Monate bilden. Deutschland unterstützt Afghanistan in diesem Jahr mit 80 Millionen Euro. Insgesamt will die Bundesregierung von 2002 bis 2005 etwa 320 Millionen Euro bereitstellen.

Quelle: ntv.de

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