Politik

"Wenn es so weit kommen sollte"Koalition lässt Beteiligung an Ukraine-Truppe offen

17.12.2025, 09:51 Uhr
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Soldaten des Panzergrenadierbataillons 122 aus Oberviechtach stehen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr. (Foto: picture alliance/dpa)

Der Nato-Schirm bleibt der Ukraine verwehrt, dafür sagt Europa Kiew die Schaffung einer internationalen Schutztruppe zu. Doch was ist das Versprechen von Berlin wert? Aus der Koalition verlautet hierzu wenig Konkretes.

Nach dem europäischen Vorstoß für eine multinationale Schutztruppe für die Ukraine bleibt unklar, wie sich Deutschland beteiligen könnte. Führende Politiker der schwarz-roten Koalition äußern sich hierzu zurückhaltend, die Debatte stehe noch nicht an, heißt es.

Bundeskanzler Friedrich Merz ließ am Dienstag im ZDF die Frage nach einem Einsatz der Bundeswehr offen. Auf die direkte Frage, ob sich die Bundeswehr beteilige, wich Merz aus. Er sagte, zu der Koalition der Willigen gehörten nicht nur europäische Staaten, sondern zum Beispiel auch Kanadier, Australier und andere Nationen der Welt. "Wenn es denn einmal so weit kommen sollte, wird es ja ein Waffenstillstandsabkommen mit Russland sein", sagte der Kanzler.

Auf einen Einwand der Interviewerin, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen Einsatz ausländischer Truppen in der Ukraine ablehne, sagte Merz: "Putin hat zu vielem Njet gesagt, er wird irgendwann auch mal Ja sagen müssen, wenn es darum geht, diesen Krieg zu beenden. Das ist die Zeit nach dem Ende dieses Krieges, über die wir jetzt gerade sprechen, und für diese Zeit danach braucht die Ukraine Schutz."

Auch Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil hielt sich bedeckt. "Wir sollten nicht den fünften Schritt vor dem ersten machen, sondern die Debatte führen, wenn sie wirklich ansteht", sagte er zur Frage einer Beteiligung deutscher Soldaten an einer Friedenssicherung für die Ukraine der "Neuen Osnabrücker Zeitung" auf die Frage nach einer möglichen Beteiligung. "Klar ist: Deutschland wird immer seiner Verantwortung gerecht werden. Wir sind schon heute der größte Unterstützer der Ukraine."

Bundestag muss zustimmen

Einem Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine-Truppe müsste der Bundestag zustimmen. Deswegen ist die Haltung der beiden Koalitionsfraktionen von Union und SPD entscheidend. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch schloss eine deutsche Beteiligung nicht aus. Doch sagte er, die bei den Ukraine-Gesprächen in Berlin verabschiedete Erklärung sei sehr breit. Die nächsten Wochen müssten zeigen, was sich daraus ergebe. Auch Unions-Fraktionschef Jens Spahn wiegelte ab: "Die Frage einer multinationalen Friedenstruppe stellt sich erst, wenn es tatsächlich Frieden gibt - wenn überhaupt ein Waffenstillstand absehbar ist, ob der möglich ist. Das entscheidet sich in Moskau in der Reaktion auf die Vorschläge, die gemacht worden sind."

Verteidigungsminister Pistorius von der SPD blieb ebenfalls vage. Er sagte, das von den Europäern unterbreitete Angebot sei ein Bekenntnis zur Mitverantwortung. "Wenn Putin sagt, wohin er die Reise gehen will, dann werden wir weiter sehen, woraus das im Einzelnen bestehen kann." Konkrete Festlegungen etwa zur Beteiligung Deutschlands an Sicherheitsgarantien seien derzeit nicht möglich, erklärte der SPD-Politiker weiter. Daran hingen Fragen wie ein mögliches Mandat des Bundestages oder die künftige Kommandostruktur.

Für eine deutliche deutsche Unterstützung sprach sich der Chef des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, aus. "Deutschland muss sich personell und materiell an einer multinationalen Mission beteiligen", sagte er der "Rheinischen Post". Ins selbe Horn stieß FDP-Außenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Deutschland müsse "selbstverständlich" Teil einer möglichen multinationalen Truppe zur Sicherung der Ukraine sein. "Frankreich und Großbritannien stehen ja bereits bereit. Die Bundesregierung hat dazu bis Montag geschwiegen. Aber selbstverständlich muss sich Deutschland an einer solchen multinationalen Truppe beteiligen, um die Ukraine gegen zukünftige Angriffe zu schützen", sagte die Vorsitzende des Sicherheits- und Verteidigungsausschusses im EU-Parlament dem "Tagesspiegel".

Briten bereiten sich auf Bodentruppe vor

Der britische Verteidigungsminister John Healey sprach mit Blick auf die Berlin-Gespräche von einem wesentlichen Moment in dem Krieg und Signalen des Fortschritts in den Friedensgesprächen. Er bereite die britischen Streitkräfte vor, "so dass wir einsatzbereit sind, wenn es Frieden gibt - mit Truppen am Boden und Jets in der Luft". Allerdings lasse Putin seine brutalen Angriffe auf die Ukraine fortsetzen. In den vergangenen beiden Monaten seien 20.000 Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgefeuert worden.

Die Militärtruppe ist eine von mehreren Zusagen, die die unterzeichnenden Staaten für den Fall abgeben, dass eine Vereinbarung zur Beendigung des Krieges erzielt wird. Neben Merz unterschrieben die Erklärung auch seine Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden sowie EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Europäer hatten am Montagabend nach einem Ukraine-Treffen ein Papier vorgelegt, in dem sie die Bereitschaft erklären, eine multinationale Friedenstruppe anzuführen.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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