"Luftbuchungen" Kommunen lehnen Eichel ab
01.09.2003, 13:14 UhrIm Streit um Berechnungen zur Gemeindefinanzreform haben die kommunalen Spitzenverbände aus Protest die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium "bis auf weiteres ausgesetzt". Das Ressort habe dabei eigene Fehler einräumen müssen, erklärten Städtetag, Gemeindebund und Landkreistag am Montag.
"Luftbuchungen im Gesetzentwurf" führten dazu, dass die geplanten Mehreinnahmen von 2,5 Milliarden um 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro zu hoch angesetzt seien. Auch ein Minus für die Kommunen sei denkbar.
Die kommunalen Spitzenverbände lehnten Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) als weiteren Verhandlungspartner ab und forderten dafür ein Spitzengespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder.
"Die ohnehin beschädigte Glaubwürdigkeit der Bundesregierung gegenüber den Kommunen wird durch unseriöse Zahlen zur künftigen Entwicklung der Gewerbesteuer weiter erschüttert", stellten die Spitzenverbände gemeinsam fest. "Eine seriöse Zusammenarbeit mit dem Bundesfinanzministerium scheint zur Zeit unmöglich zu sein." Bei der Besteuerung von Zinsen habe das Ministerium für die Kommunen Zuwächse bei der Kommunalbesteuerung von etwa 1,4 Milliarden Euro einkalkuliert, "die in dieser Höhe niemals erreicht werden können". Die Fraktionen von SPD und Grünen werden aufgefordert, die Pläne der Regierung kritisch zu prüfen.
Das Bundesfinanzministerium wies die Vorwürfe zurück. Es sei "schwer vorstellbar", dass falsch gerechnet worden sei. Die Bundesregierung reagierte mit scharfer Kritik, zeigte sich dennoch offen für ein Treffen beim Kanzler. "Gespräche machen natürlich immer Sinn", so Schröders Sprecher Thomas Steg. Die Grünen stellten sich klar hinter die Kommunen. Sie begrüßten die von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering in Aussicht gestellten Korrekturen zu Gunsten der Kommunen.
Doch auch aus den Kommunen kamen Kompromiss-Signale. Der Städte- und Gemeindebund rückte von seinen Maximalforderungen ab, um den Weg für eine Einigung freizumachen. Über Umsatzsteuerbeteiligung und Senkung der Gewerbesteuerumlage könne gesprochen werden.
Eichel hatte erst kürzlich in einem Brief die SPD-Fraktion aufgefordert, dem von ihm vorgeschlagenen Entwurf einer Gemeindewirtschaftsteuer an Stelle der heutigen Gewerbesteuer zuzustimmen. Die zu den Regierungsplänen bereits kritisch eingestellte Fraktion will darüber am Dienstag und Mittwoch in einer Klausur beraten.
Quelle: ntv.de