Die neue K-Frage Komplott gegen Merkel?
17.10.2004, 07:44 UhrDie CDU hat eine neue K-Frage: Nicht die bekannte nach der Kanzlerkandidatur, sondern die Frage, ob es einen Komplott gegen Parteichefin Angela Merkel gibt.
Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus sagte am Wochenende in einem Interview auf die Frage, ob sich Merkels Gegner aus dem Süden und aus dem Westen zu ihrem Sturz verabredet haben: "Ich kann das nicht ausschließen." Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Eckhardt Rehberg stimmte dem zu: Einige könnten es "nicht verknusen, dass eine Frau aus den neuen Bundesländern an der Spitze einer großen Volkspartei steht". Auch FDP-Chef Guido Westerwelle stützt diese Vermutung.
Zweifel an Merkel
Für Anhänger dieser These steht hinter dem schwelenden Streit mit der CSU um eine Gesundheitsreform lediglich der Zweifel an Merkels Führungsqualitäten. Auch der angekündigte Rückzug von Friedrich Merz aus der CDU-Partei- und Fraktionsführung wird als Querschuss gegen Merkel gedeutet. Diese kündigte am Wochenende eine Präzisierung ihrer Reformpolitik an.
Der neue Finanzexperte
Nach zahlreichen Medienberichten vom Wochenende hat Merkel Wolfgang Schäuble die Nachfolge von Merz in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen sowie Arbeit angeboten. Dieser wolle sich bis zum Montag entscheiden. Mit Schäuble holt sich Merkel zwar einen Mann der Kohl-Ära an ihre Seite, aber zugleich auch einen Verfechter der CDU-Reformlinie.
Offener Streit in der Union
CDU und CSU streiten seit Monaten über eine Reform des Gesundheitswesens. Die CDU fordert einen einheitlichen Beitrag für alle Versicherten und will gering Verdienende über Steuern entlasten. Die CSU lehnt das Modell ab und plädiert stattdessen für gestaffelte Beiträge, die am Einkommen orientiert sind. In Unionskreisen wurde ein Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zurückgewiesen, wonach sich Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber bereits auf Grundzüge eines Kompromisses geeinigt haben. Es gebe lediglich den Willen, zu einem gemeinsamen Modell zu kommen.
Sachfragen werden zu Personalfragen
Althaus hatte kritisiert, Sachfragen würden so zugespitzt, dass sie auch zu Personalfragen würden. Ihm täte es weh, wenn sich Teile der CDU noch nicht damit abgefunden hätten, dass mit Merkel eine Ostdeutsche an der Parteispitze stehe. Althaus rief dazu auf, beim CDU-Parteitag inhaltliche und personelle Kritik offen zu äußern. Bei der Wiederwahl Merkels erwarte er ein "ehrliches Ergebnis". Dies sei auch für sie wichtig, denn die Vorsitzende sollte wissen, ob die Partei hinter ihr stehe.
Auch Westerwelle geht von einer Intrige west- und süddeutscher Unions-Politiker gegen Merkel aus. Es sei offensichtlich, dass in der Union viele Männer ein Problem damit hätten, von einer Frau geführt zu werden, sagte Westerwelle dem "Handelsblatt" vom Montag. Merkels Vorstoß, zur Finanzierung der Gesundheitsreform einen höheren Spitzensteuersatz in Kauf zu nehmen, lehnte er jedoch ab.
Merkel stellt nicht alles zur Disposition
Merkel selbst kündigte einen Neuanlauf ihrer Reformpolitik an. "Die Leute dürfen nicht den Eindruck haben, es steht in Deutschland alles zur Disposition, hier bleibt kein Stein auf dem anderen", sagte Merkel. Zur Finanzierung des Einheitsbeitrags zur Krankenversicherung plädierte Merkel für einen Spitzensteuersatz über den mit der CSU vereinbarten 36 Prozent. "Ich glaube, dass die Senkung der Steuersätze, die wir vorhaben, eine Veränderung ertragen können, ohne dass der Ruf einer Steuersenkungspartei gleich zerstört würde." Notwendig sei jetzt, dass CDU und CSU die Reihen schlössen.
Quelle: ntv.de