Spekulationen nach Terminabsage Kreml dementiert Streit von Putin und Modi
10.07.2024, 15:39 Uhr Artikel anhören
Indiens Ministerpräsident Modi (l.) besuchte Russlands Machthaber Putin Anfang der Woche in Moskau.
(Foto: AP)
Indien gibt sich im Ukraine-Krieg neutral. Bei einem Staatsbesuch kritisiert Premier Modi Kremlchef Putin erstmals, wenn auch sanft. Kurz darauf wird ein Gespräch zwischen den beiden Ländern abgesagt. Haben sich die Staatschefs gestritten? Moskau bestreitet dies.
Russland hat Spekulationen zurückgewiesen, beim Treffen des indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin habe es am Dienstag in Moskau einen Streit gegeben. Zwar sei eines der Gespräche zwischen den Delegationen beider Länder abgesagt worden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau vor Reportern. Das sei aber aus Termingründen geschehen. Die Tagesordnung sei abgearbeitet gewesen, sagte Peskow. "Das hat absolut nichts mit irgendwelchen Meinungsverschiedenheiten oder problematischen Situationen zu tun."
Modi hatte Putin am Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt vor Medienvertretern implizit gerügt, indem er sagte, dass der Tod unschuldiger Kinder schrecklich sei. Ihm blute das Herz, wenn er davon höre, erklärte der indische Regierungschef.
Modi bezog sich dabei auf den russischen Angriff auf das größte ukrainische Kinderkrankenhaus in Kiew. Russland und die Ukraine werfen einander vor, dafür verantwortlich zu sein. Unabhängige Militärexperten, aber auch die Vereinten Nationen kommen nach Auswertung von Video-Material zu einem eindeutigen Schluss: Es handelt sich um einen direkten russischen Angriff mit einer russischen Rakete des Typs Kh-101 (Ch-101).
Enge wirtschaftliche Beziehungen
Der Beschuss sorgte in vielen Ländern für Empörung. Putin ist bislang nur selten offen von Ländern kritisiert worden, die Russland als befreundet ansieht. Zudem äußerte Modi seine Kritik auf russischem Boden, im Beisein Putins und vor laufenden Kameras. Dabei war der Tenor des Besuchs positiv. Modi hatte Putin als "lieben Freund" bezeichnet und erklärt, das Verhältnis basiere auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt.
Modi wiederholte seine Kritik in Neu-Delhi. Er erklärte, er habe mit Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer über die Konflikte in der Ukraine und in Westasien gesprochen. Dabei bekräftigte er, dass der Verlust unschuldiger Menschenleben nirgendwo akzeptabel sei und Lösungen für Konflikte nicht auf dem Schlachtfeld gefunden werden könnten.
Russland ist der größte Waffenlieferant Indiens, beide Länder unterhalten seit der Sowjetzeit enge Beziehungen. Zudem ist Indien ein Großabnehmer russischen Öls, das es seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs zu günstigeren Preisen bekommt, weil Russland es wegen westlicher Sanktionen nicht mehr frei verkaufen kann. Auch der Westen buhlt um gute Beziehungen zu Indien, das es als Gegengewicht zu China sieht.
Umarmung für Putin löste Kritik aus
Indien hat sich aber Forderungen widersetzt, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu verurteilen. Stattdessen ist Modi um eine neutrale Position bemüht und ruft beide Kriegsparteien immer wieder zu einem Dialog auf. Die Regierungen Russlands und der Ukraine hatten sich am Dienstag gegenseitig vorgeworfen, für den Beschuss der Klinik verantwortlich zu sein. Aus den Reihen der Vereinten Nationen hatte es unter Verweis auf eine eigene Überprüfung vor Ort geheißen, man gehe von einem russischen Beschuss aus. Der Zeitpunkt des Beschusses - der Montag - war für Modi heikel, weil das auch der erste Tag seines Besuchs in Moskau war.
Als Modi ein Foto ins Internet stellte, auf dem er Putin in die Arme schließt, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi, es sei eine große Enttäuschung, "dass der Führer der größten Demokratie der Welt den blutigsten Verbrecher der Welt an einem solchen Tag in Moskau umarmt". Russlands Regierungssprecher Peskow hatte am Dienstag vor Journalisten auf die Frage, wie Russland weiter behaupten könne, keine zivilen Ziele anzugreifen, gesagt: "Ich fordere Sie auf, sich an den Aussagen des russischen Verteidigungsministeriums zu orientieren, das Angriffe auf zivile Ziele absolut ausschließt."
Quelle: ntv.de, lar/rts