"Friedensindustrie" Kühler Empfang für Lieberman
07.05.2009, 22:24 UhrBei seinem Deutschland-Besuch hat Israels Außenminister Avigdor Lieberman den Iran als größte Bedrohung für sein Land bezeichnet. Bei einem Gespräch mit Bundestagsabgeordneten in Berlin habe Lieberman gesagt, Teheran bereite Israel "große Sorgen", sagte der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen. Mehrere Politiker forderten Lieberman zur Anerkennung der Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt mit den Palästinensern auf.
Trotz seiner Einschätzung des Iran als größte Bedrohung für Israel habe Lieberman bei dem Gespräch mit deutschen Abgeordneten eine "militärische Lösung" nicht erwogen, sagte Weisskirchen. Hinsichtlich des Nahost-Konflikts hätten die Abgeordneten deutlich gemacht, dass die Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israelis und Palästinenser für die Europäer Vorrang habe, führte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion weiter aus.
"Klares Bekenntnis" gefordert
Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Müller, und der Vize-Fraktionschef der Partei, Jürgen Trittin, forderten die Bundesregierung auf, vom Rechtsaußenpolitiker Lieberman "ein klares Bekenntnis" zur Zwei-Staaten-Lösung einzufordern. "Solange die neue israelische Regierung in dieser Frage keine eindeutige Haltung und Politik betreibt, ist auch die Umsetzung der beschlossenen Vertiefung der Beziehungen mit der Europäischen Union verfrüht", erklärten die Grünen-Politiker.
Am Nachmittag besuchte Lieberman das Denkmal für die ermordeten Juden Europas unweit des Reichstags. Der Minister legte einen Kranz nieder und ließ sich durch das Stelenfeld führen. Am Abend traf Lieberman mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei einem Abendessen zusammen – einen gemeinsamen Fototermin gab es nicht. Beobachter gehen davon aus, dass der Ultrarechte insgesamt etwas distanziert empfangen werden sollte.
Die Zurückhaltung hat ihren Grund: Vor seiner Zeit als Minister sorgte Lieberman immer wieder mit anti-arabischen Äußerungen für Ärger. Und seit dem Amtsantritt Mitte März hat er sich nicht besonders gemäßigt. Der neue israelische Chefdiplomat befindet sich derzeit auf seiner ersten Europa-Tour. Vor Berlin machte er in Rom, Paris und Prag Station.
Harte Worte gegen Livni
In seiner 20-minütigen Antrittsrede zerriss er die Außenpolitik seiner weltweit geschätzten Vorgängerin Zipi Livni in der Luft. Einer der Kernsätze lautete, wer den Frieden wolle, müsse den Krieg vorbereiten.
Vor den Bundestags-Abgeordneten wiederholte er einen Satz, den er auf seiner Europa-Reise schon mehrfach verwendete. "Aus dieser ganzen 'Friedensindustrie' ist nichts herausgekommen - außer Konferenzen in Fünf-Sterne-Hotels und Geldverschwendung." Der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), fasste den einstündigen Termin mit den Worten zusammen: "Das ist alles andere als ermutigend."
Dialog mit den USA
Aus dem Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verlautete, dass Lieberman zum Beauftragten für den strategischen Dialog mit den USA ernannt werde. Israel und die USA führen seit 1999 einen strategischen Dialog, der sich mit den US-Militärhilfen für Israel in Höhe von jährlich rund drei Milliarden Dollar befasst.
Lieberman hatte die USA direkt bei seinem Amtsantritt mit der Aussage vor den Kopf gestoßen, seine Regierung fühle sich nicht an die Vereinbarungen gebunden, welche die Vorgängerregierung auf der von den USA ausgerichteten Nahost-Konferenz in Annapolis im November 2007 eingegangen war.
Quelle: ntv.de, AFP / dpa