Politik

Türkei öffnet Luftwaffenbasis Kujat setzt auf Eile

Auch das israelische Militär verfügt über "Apache"-Kampfhubschrauber, die als äußerst effektiv bezeichnet werden.

Auch das israelische Militär verfügt über "Apache"-Kampfhubschrauber, die als äußerst effektiv bezeichnet werden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Türkei gibt Incirlik für den Einsatz gegen den IS frei. Damit könnten Kampfhubschrauber mögliche Bodentruppen unterstützen. Ex-Generalinspekteur Kujat spricht bei n-tv von einer guten Nachricht - die aber für Kobane zu spät kommen könnte.

Vor dem Hintergrund der schweren Gefechte um die syrische Kurdenstadt Kobane gibt die Türkei allmählich ihre Blockadehaltung auf und erlaubt der US-Luftwaffe die Nutzung ihrer Stützpunkte für Angriffe auf die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS). Zudem dürfen in den Militäreinrichtungen Vertreter der gemäßigten syrischen Opposition untergebracht und ausgebildet werden. Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat sprach bei n-tv von einer "sehr guten Nachricht, denn damit können die Luftangriffe, die Luftunterstützung, deutlich verstärkt werden."

Die türkische Luftwaffenbasis Incirlik im Süden des Landes liegt unweit der syrischen Grenze. "Hier sind alle Voraussetzungen, um den Einsatz zu verbessern und zu beschleunigen", sagte Kujat. Am wichtigsten sei aber, dass dieser Flugplatz auch für Kampfhubschrauber genutzt werden könne. Der Einsatz von Kampfhubschraubern bedeute eine deutliche Verbesserung der Luftunterstützung.

Kujat setzt jetzt auf Eile. "Das heißt, die Kräfte, die dort vor Ort sind, müssen eingesetzt werden, und das sind in erster Linie türkische Kräfte. Bis man Verstärkungen herbeigeführt hat aus Europa, auch möglicherweise aus Deutschland, würde viel zu lange dauern." Für Kobane würde die Hilfe dann offenbar zur spät kommen.

Die Türkei hatte stets argumentiert, nicht allein gegen den IS vorzugehen, sondern nur im Verbund mit der internationalen Anti-IS-Allianz. Würden beispielsweise US-Kampfhubschrauber einen Bodeneinsatz türkischer Truppen begleiten, würde Ankara zu einem solchen Einsatz bereit sein, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu vergangene Woche nach einem Treffen mit dem neuen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Ankara. Seit Tagen stehen türkische Panzer in Sichtweite Kobanes.

Steinmeier agiert in Saudi-Arabien

Gedenkstein für einen kurdischen Kämpfer, der in Kobane ums Leben kam.

Gedenkstein für einen kurdischen Kämpfer, der in Kobane ums Leben kam.

(Foto: AP)

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr weist in dem Gespräch mit n-tv aber auch darauf hin, dass Deutschland schon jetzt aktiv in dem Konflikt wirke. "Wir haben uns ja bereiterklärt, die kurdischen Soldaten weiter auszubilden. Wir haben uns auch bereiterklärt, politisch das Ganze zu unterstützen."

Er denke dabei insbesondere an die Stärkung der Anti-IS-Allianz. So halte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in diesem Moment in Saudi-Arabien auf, um bei den Gesprächen in Dschidda die beiden Widersacher Iran und Saudi Arabien an einen Tisch zu bringen. "Gelänge dies, und Deutschland hat die besten Voraussetzungen dafür, dann wäre das wirklich ein enormer Fortschritt - allerdings erst langfristig betrachtet und strategisch, im Kampf gegen den IS."

Grüne befürwortet Bodeneinsatz

Die Bundestagfraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, geht noch einen Schritt weiter: Sie fordert eine UN-Militärmission gegen den IS unter Beteiligung der Bundeswehr. "Deutschland muss initiativ werden bei den Vereinten Nationen. Es muss ein robustes Mandat geben, IS ist nur militärisch zu bekämpfen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Deutschland müsse "gegebenenfalls bereit sein, sich mit der Bundeswehr an einem Einsatz zu beteiligen. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie. Wenn dabei herauskommt, dass am Boden agiert werden muss, würden wir das unterstützen", sagte Göring-Eckardt.

"Ob es am Ende Bodentruppen sind, das werden wir sehen, da bin ich mir nicht mal sicher, aber ausschließen sollte man nichts, wenn man mit dem Finger auf andere zeigt und deren Engagement will", ergänzte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, bei n-tv. SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich sieht den Einsatz von Bodentruppen dagegen skeptisch. "Ich bin nicht sicher, ob das hilfreich wäre, auch weil die Kurden das gar nicht wollen", sagte er der SZ.

Auch die CDU schließt einen Einsatz deutscher Bodentruppen nicht aus. "Es ist ein gutes Zeichen, dass sich die Türkei aus dieser Abwartehaltung zurückgezogen hat. Es bedeutet ja nicht nur, dass der Flughafen in Incirlik vorbereitet werden kann für Einsätze der internationalen Allianz, sondern dass auch 4000 moderate Kämpfer aus Syrien ausgebildet werden können. Aber wir brauchen ein politisches Gesamtkonzept und ein UN-Mandat", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bei n-tv.

"Die Bekämpfung aus der Luft ist überhaupt nicht ausreichend und zielführend. Sie stärkt eher den IS auf Dauer. Wir brauchen mittelfristig Bodentruppen, aber viel wichtiger ist das politische Gesamtkonzept und ein Konzept für die Flüchtlinge", so Roderich. Für den Obmann des Auswärtigen Ausschusses steht auch fest, dass ein solcher Einsatz mit einem Mandat Vereinten Nationen erfolgen dürfe. Und dazu sei es erforderlich, Russland mit ins Boot zu holen: "Ich glaube, es wäre ein gutes Zeichen, wenn wir mit Russland gemeinsam ein UN-Mandat erreichen."

Kobane ist noch nicht gefallen

Die Türkei hat zwar Truppen an der Grenze zusammengezogen und auch vom Parlament die Erlaubnis erhalten, militärisch einzugreifen. Dies tat sie bislang jedoch nicht, was bei den Kurden sowie international auf scharfe Kritik stößt. Am Sonntag stellte der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy die Mitgliedschaft der Türkei in der Nato in Frage, sollte Kobane fallen. "Die Position der Türkei würde problematisch, wenn sie Kobane fallen ließe", sagte er.

Der IS kontrolliert mittlerweile rund 40 Prozent der Stadt. Die Extremisten sind den kurdischen Kämpfern zahlenmäßig und militärisch überlegen. Der Kampf um Kobane ist für sie strategisch wichtig, weil sie mit der Einnahme der Stadt bis zur Grenze zur Türkei vorrücken würden. US-Außenminister John Kerry sagte in Kairo, die IS-Offensive auf Kobane sei eine "Tragödie". Jedoch handele sich hierbei "nur um eine Gemeinde", die nicht "die Strategie der Koalition" bestimme.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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