Dramatische Corona-Situation Länderchefs uneins über vorgezogene MPK
26.11.2021, 14:43 Uhr
Regulär ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz für den 9. Dezember terminiert. Angesichts der ausufernden Corona-Fallzahlen sprechen sich einige Länderchefs jedoch für ein früheres Spitzentreffen aus. Das stößt vor allem im Norden und bei SPD-Vertretern auf wenig Gegenliebe.
Die Bundesländer sind uneins in der Frage, ob die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten angesichts der Corona-Lage schon früher als geplant zu einem weiteren Krisengespräch zusammenkommen sollten. Hamburg und Schleswig-Holstein sehen keine Notwendigkeit für ein Vorziehen der für den 9. Dezember geplanten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Jetzt sei es Zeit zum Handeln, insbesondere in den Ländern mit sehr hoher Inzidenz, hieß es in Kreisen des rot-grünen Hamburger Senats. Die notwendigen und erforderlichen Mittel dafür lägen vor.
"Ich habe nichts gegen Ministerpräsidentenkonferenzen, ich habe an jeder teilgenommen. Aber es nützt ja nichts, dass dort immer wieder neue Diskussionen erfolgen und Beschlüsse gefasst werden, während auf der Handlungsebene nicht genug Druck in den großen Flächenländern im Süden gemacht wird, dass die Dinge auch auf die Straße kommen", sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher im Gespräch mit ntv. Der SPD-Politiker kritisierte, dass sich einige Ministerpräsidenten "immer wieder" überraschen ließen von dem, "was alle Experten vorhergesagt haben". Dagegen könne man auch keine MPK organisieren: "Das ist wirklich auch eine Haltungsfrage, dass man akzeptiert, was zu erwarten war."
Schleswig-Holstein beobachte die Lage sehr aufmerksam, sagte derweil ein Sprecher der Regierung von CDU-Ministerpräsident Daniel Günther. Bund und Länder hätten sich erst in der vergangenen Woche auf Maßnahmen im Kampf gegen Corona verständigt. "Das Infektionsschutzgesetz gibt uns ausreichend Instrumente, um diese Maßnahmen umzusetzen."
"Zögern wird bestraft"
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans hatte zuletzt rasche Beratungen der Länderchefs und -chefinnen über einheitlich strengere Regeln gefordert und erklärt, man dürfe nicht bis zum 9. Dezember warten. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte wiederholt eine raschere Ministerpräsidentenkonferenz. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, das Beste wäre eine MPK mit dem Bund schon in den nächsten Tagen.
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Zögern wird bestraft - wir brauchen schnellstmöglich ein Bund-Länder-Treffen." Die neue Südafrika-Variante des Virus verschärfe die Lage. "Wir brauchen nun umso dringlicher bundeseinheitliche Regelungen im Kampf gegen dieses aggressive Virus!" Der dringende Abstimmungs- und Handlungsbedarf könne keine 14 Tage mehr warten, sagte der CDU-Politiker.
Auch Unionskollege Reiner Haseloff, seines Zeichens Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, spricht sich für einen raschen Austausch der Länder zu weiteren Corona-Maßnahmen aus. In der nächsten Woche solle geprüft werden, "ob der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 18. November im derzeit bestehenden Rechtsrahmen ergänzt werden sollte", sagte eine Regierungssprecherin auf Anfrage.
Die Wirkung dieser Beschlüsse könne man zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vollständig beurteilen, sagte die Sprecherin weiter. Eine Auswertung müsse wie geplant bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Dezember erfolgen. Angesichts der "besorgniserregenden Entwicklung der Corona-Zahlen" könne es jedoch sinnvoll sein, den Maßnahmenkatalog schon vorher zu erweitern.
SPD-Minister nicht grundsätzlich abgeneigt, aber ...
Aus Sicht von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller ist ein Vorziehen der MPK überflüssig. "In einigen Teilen Deutschlands gibt es bereits Teil-Lockdowns in Hot-Spot-Regionen. Hinzu kommt die Homeoffice-Pflicht, die 3G-Regel am Arbeitsplatz und im ÖPNV", sagte der stellvertretende MPK-Vorsitzende. "Die Ampel hat angekündigt, einen Krisenstab einzusetzen. All diese Maßnahmen können erst nach ein bis zwei Wochen überhaupt bewertet werden und messbar wirken", so der SPD-Politiker. "Jetzt alle paar Tage eine neue MPK zu fordern, ist vor diesem Hintergrund kaum zielführend."
Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte schon am Donnerstag deutlich gemacht, dass sie am ursprünglichen Termin festhalten will. "Sollte sich im Länderkreis eine Mehrheit für ein Vorziehen der Beratungen herausbilden, wird sich Rheinland-Pfalz dem aber nicht verschließen", teilte die Sozialdemokratin mit.
Der Ministerpräsident des zurzeit stark betroffenen Brandenburgs, Dietmar Woidke, hält eine vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz für "sinnvoll" - allerdings nur zusammen mit der neuen Bundesregierung. "Es wäre sinnvoll, mit der alten und mit der kommenden neuen Bundesregierung eine solche MPK abzuhalten", sagte Woidke ntv. Voraussetzung müsse aber sein, so der SPD-Politiker, dass sich die geschäftsführende und die kommende Bundesregierung hier abstimmten. Auch müsse mit den Bundesländern dann über mögliche "zusätzliche Maßnahmen" gesprochen werden, um am Ende mit konkreten Ergebnissen aus so einer Runde zu gehen. Woidke fügte hinzu: "Es hat uns gutgetan, frühzeitig miteinander über die Maßnahmen zu reden und ich kann heute aus der Sicht des Landes Brandenburg auch keine weiteren Maßnahmen ausschließen."
Zudem betonte Woidke, dass man in Brandenburg bereits vieles gemacht habe, was mit der "alten Rechtslage" noch gegangen sei. Und weiter: "Allerdings könnte ich zum Beispiel eine Ausgangsbeschränkung ab dem 15. Dezember mit der jetzigen Rechtslage auf Bundesebene nicht mehr machen." Auch deswegen müsse man mit dem Bund darüber nachdenken, wie "wir möglichst schnell die rechtlichen Grundlagen, aber auch die Maßnahmen einleiten können, um die Pandemie gut zu bekämpfen".
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP