Politik

Carsten S. sagt im NSU-Prozess aus Leute verprügelt, Dönerbuden demoliert

Carsten S. am sechsten Verhandlungstag zwischen seinen Anwälten.

Carsten S. am sechsten Verhandlungstag zwischen seinen Anwälten.

(Foto: dpa)

Brutale Gewalt gegen die multikulturelle Gesellschaft und "das Finanzjudentum" - im NSU-Prozess macht der Angeklagte Carsten S. reinen Tisch mit seiner braunen Vergangenheit. Der längst aus der Neonazi-Szene ausgestiegene 33-Jährige soll die Mordwaffe besorgt haben.

Am sechsten Tag des NSU-Prozesses hat der Angeklagte Carsten S. vor dem Oberlandesgericht München Details aus seiner rechtsextremen Vergangenheit preisgegeben. Seine Neonazi-Clique habe geprügelt und an Dönerständen Scheiben eingeworfen, einmal habe die Gruppe zwei Männer zusammengeschlagen. Er erinnere sich, "dass ich auch einmal zugetreten habe oder zweimal - ich weiß es nicht mehr". Hinterher habe er in der Zeitung gelesen, dass die Opfer schwer verletzt gewesen seien, sagte der 33-Jährige.

Mit dem mutmaßlichen Terror-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe habe er vor deren Untertauchen kaum Kontakt gehabt. Erst später habe der Mitangeklagte Ralf Wohlleben ihn zum Verbindungsmann gemacht, weil er selbst davon ausging, dass er überwacht würde.

Carsten S. hatte bereits am Tag zuvor zugegeben, eine Pistole für die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) besorgt zu haben. Dabei handelt es sich nach Überzeugung der Ermittler um die Waffe der Marke "Ceska", mit der neun Geschäftsleute ausländischer Herkunft ermordet wurden. Die Anklage wirft S. Beihilfe zu neun Morden vor.

Hauptbeschuldigte in dem Verfahren ist die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe. Ihr wird unter anderem Mittäterschaft bei den Morden und sämtlichen anderen Verbrechen des NSU zur Last gelegt.

Dönerbude als Feindbild

Carsten S. berichtete, seine rechte Jugendclique habe an mindestens zwei Dönerbuden Scheiben eingeschlagen und eine andere Bude umgeworfen. "Was war denn das Motiv?", wollte der Vorsitzende Manfred Götzl wissen. "Ich weiß nur, dass einer die Idee hatte - und da sind wir losgegangen." Dann ergänzte er: "Genaue Erinnerungen habe ich nicht. Ich gehe natürlich davon aus, dass es ein gewisses Feindbild auch war, diese Dönerbude." Nach weiterem Nachdenken: "Wir haben uns einen Spaß draus gemacht - und natürlich denen eins ausgewischt."

Auf weitere Fragen Götzls sagte der Angeklagte: "Wenn da eine Bockwurstbude gestanden hätte, hätten wir das nicht gemacht." Es habe auch mit "Deutschtümelei" zu tun gehabt. Es sei gegen die multikulturelle Gesellschaft gegangen, und gegen das Finanzkapital. "Es war ein einfaches Weltbild, schwarz-weiß. Dass wir unsere Heimat einbüßen, dass wir regiert werden vom Finanzjudentum, in gewisser Weise habe ich daran auch geglaubt."

Entscheidend sei für ihn gewesen, dass es ihm in der rechten Gruppe besser ging als zuvor. "Da hatte ich Respekt, da ging's mir gut. Ich habe mich stark gefühlt." Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt hätten damals nicht zu seiner Gruppe gehört. "Das waren halt drei von den Älteren."

Zu Beginn der Verhandlung hatten sich Gericht, Verteidigung, Anklage und Nebenklage erneut einen Schlagabtausch wegen möglicher behördlicher Prozessbeobachter geliefert. Nebenklagevertreter und Verteidigung verlangten erneut, die Anwesenheit solcher Beobachter in den Zuschauerreihen zu klären. Sie könnten spätere Zeugen gezielt beeinflussen. Der Senat lehnte das jedoch ab. Auch solche Beobachter seien Teil der allgemeinen Öffentlichkeit. Damit hätten sie das Recht auf Anwesenheit im Sitzungssaal. Dass sie auf Zeugen einwirken könnten, seien reine "Spekulationen und Vermutungen", sagte der Vorsitzende Götzl.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen