Merkel mag keinen Mindestlohn Linkspartei foppt die SPD
13.06.2007, 07:34 UhrIm monatelangen Streit um den Mindestlohn verlangt die SPD nun eine klare Stellungnahme von Kanzlerin Angela Merkel. "Jetzt ist die Kanzlerin gefordert", sagte Fraktionschef Peter Struck am Mittwoch in der ARD. Sie müsse "endlich sagen, was sie will. Am Montag muss Butter bei die Fische und Klarheit herrschen", verlangte Struck. Er plädierte ebenso wie Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere für eine Einigung im Koalitionsausschuss am kommenden Montag. "Am 18. Juni sollte es zu einer Entscheidung kommen - so oder so", sagte de Maiziere. Zugleich lehnte es die SPD ab, in der Sache mit der Linksfraktion zu paktieren: Einen Antrag der Linken zum Mindestlohn will die SPD trotz wortgleicher sozialdemokratischer Positionen im Bundestag ablehnen.
Merkel sieht Spielräume
Die Bundeskanzlerin hat inzwischen noch einmal ihre Ablehnung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns unterstrichen. "Die Tatsache, dass etwa 20 europäische Länder einen Mindestlohn haben, heißt noch lange nicht, dass das für Deutschland das geeignete Instrument ist", sagte sie beim Treffen des CDU-Wirtschaftsrates in Berlin. "Deshalb ist die CDU gegen flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne." Unterhalb dessen gebe es aber "Spielräume", über die die Union mit den Sozialdemokraten sprechen könne. Dazu gehöre eine begrenzte Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen.
Die Union sei der Meinung, dass es mit den Hartz-IV-Leistungen inklusive der Unterbringungskosten eine gewisse Lohnuntergrenze in Deutschland gebe. Dennoch komme es vor, dass Menschen mit Arbeit weniger als dies verdienten. Dann sei es besser, diese Menschen mit "Aufstockerleistungen" zu unterstützen als auf diese Jobs zu verzichten, sagte die Kanzlerin. Bei der Lösung des Niedriglohnproblems müsse zudem geschaut werden, ob die Tarifpartner hier enger zueinander gebracht werden können. Eine Ausweitung des Entsendegesetzes auf neue Branchen sei "in gewissem Umfang" für die Union denkbar.
Merkel riet dazu, Veränderungen im Bereich der Tarifautonomie genau zu betrachten, zu denen eine nachlassende Bindung vieler Firmen an die Tariflöhne zähle. Das gelte gerade in den neuen Ländern. Auch die Bedingungen zwischen den Branchen seien sehr unterschiedlich. Daneben gebe es einen gewissen Lohndruck von außen. Merkel räumte "grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten" mit der SPD ein.
Dies wurde durch eine Äußerung von SPD-Chef Kurt Beck bestätigt, der die Forderung nach einem allgemeinen Mindestlohn am Mittwoch in Mainz bekräftigte. Der Vorschlag, das Entsendegesetz auf weitere Branchen auszudehnen, sei gut, aber nicht ausreichend. Die SPD halte am Ziel eines allgemeinen Mindestlohns fest. "Es geht wirklich um eine prinzipielle Weichenstellung in Deutschland", sagte Beck.
SPD lehnt sich ab
Die SPD will sich bei ihrer Forderung nach Mindestlöhnen nicht von der Linksfraktion unter Druck setzen lassen. Den Antrag der Linken, der wortgleich dem Text der jüngst gestarteten SPD-Unterschriftenaktion für flächendeckende Mindestlöhne entspricht, werde die SPD-Bundestagsfraktion im Parlament ablehnen, kündigte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz an. Der Antrag sei bei den Sozialdemokraten "abgeschrieben". Die Linkspartei sei eine "nicht-regierungsbildungsfähige Partei" im Bund und damit aus der Gesetzgebung ausgeschlossen.
Die SPD sei auch strategisch auf die Linkspartei nicht angewiesen. Es gebe andere Optionen für eine künftige, SPD-geführte Bundesregierung. Eine schwarz-gelbe Mehrheit nach der Bundestagswahl 2009 sei zwar auch nicht völlig auszuschließen. Dies sei aber "so wahrscheinlich, wie dass Ostern und Weihnachten zusammenfallen".
Nahles mag Italien nicht
Auch die designierte stellvertretende SPD-Parteichefin Andrea Nahles erklärte, man werde den Antrag der Linkspartei ablehnen. Der "Berliner Zeitung" sagte sie: "Wir leben doch nicht in Italien und machen vor der entscheidenden Koalitionsrunde eine Politshow der Linkspartei mit."
Schreiner will zustimmen
Der Vorsitzende des SPD-Arbeitnehmerflügels, Ottmar Schreiner, kündigte dagegen an, er werde dem Antrag zustimmen. In der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" forderte er dazu auch alle Befürworter eines Mindestlohns in der SPD dazu auf.
Die Linksfraktion will am Donnerstag über ihren Antrag abstimmen lassen. Ihre parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann sprach in der Chemnitzer "Freie Presse" von "Täuschung und Verhöhnung der eigenen Mitglieder", falls die SPD gegen die Initiative der Linken votiert.
Quelle: ntv.de