Raketen auf Kabul Loja Dschirga verlängert
18.06.2002, 12:46 UhrUnbekannte haben am Abend zwei Raketen auf ein Wohngebiet in der afghanischen Hauptstadt Kabul abgeschossen. Sie explodierten nach Angaben afghanischer Soldaten etwa einen Straßenzug von der US-Botschaft entfernt. Dabei wurde ein Haus leicht beschädigt.
Deutsche Soldaten der Internationalen Schutztruppe (ISAF) erklärten, die Raketen seien von einem Stadtviertel in den Hügeln im Norden Kabuls abgeschossen worden. Es war der erste derartige Zwischenfall seit Beginn der Großen Ratsversammlung, die seit dem 11. Juni über eine neue Regierung berät.
Annhäherung bei Ratsversammlung
Nach tagelangen Diskussionen hat der Vorsitzende der Großen Ratsversammlung Loja Dschirga in Afghanistan den Delegierten einen Kompromiss für die Zusammensetzung des künftigen Parlaments vorgelegt. Ismail Kasim Jar erklärte am Dienstag, jede der 32 Provinzen solle zwei Abgeordnete in die Volksvertretung entsenden. Außerdem sollten 35 Sitze für Frauen und weitere für Delegierte der Großen Ratsversammlung reserviert sein.
Sofort nach der Rede kam es zu Tumulten; die Beratungen wurden auf den Nachmittag vertagt. Fast alle Delegierten verließen zeitweise das Zelt der Ratsversammlung, um gegen langwierige und ergebnislose Diskussionen zu protestieren. Die Delegierten beharrten auf der Wahl eines Übergangsparlaments bis zu den geplanten Wahlen in eineeinhalb Jahren. Der neugewählte Staatspräsident Hamid Karsai will hingegen ein Komitee wählen, das unter anderem über die Modalitäten der geplanten Wahlen entscheidet.
Karsai verlängerte die Tagung der Loja Dschirga um einen Tag und verschob die Bekanntgabe der Kabinettsmitglieder auf Mittwoch. Über die Kabinettsliste gibt es ebenfalls Differenzen.
Der amtierende Außenminister Abdullah Abdullah sagte, gemäß der Vereinbarung, die die Vertreter der afghanischen Volksgruppen unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UNO) im Dezember auf dem Petersberg bei Bonn getroffen haben, müsse die Loja Dschirga nur der Besetzung der wichtigsten Ämter zustimmen. Die Entscheidung über die übrigen Ressorts liege bei Präsident Karsai.
Viele Delegierte beharren dagegen darauf, dass die Versammlung jeden Ministerposten billigen muss. Zudem beklagen viele Afghanen, dass die Übergangsregierung von Tadschiken dominiert werde, den ehemaligen Mitgliedern der Nordallianz.
Am Montag hatte Karsai sich den Forderungen konservativer Kräfte gebeugt, die islamische Rechtsprechung (Scharia) einzuführen. "Unsere Gesetze sollten auf der islamischen Rechtsprechung basieren ", sagte Karsai vor den Delegierten, betonte aber zugleich, dies bedeute nicht, dass Dieben künftig wieder die Hand amputiert oder Ehebrecher so wie in einigen Golfstaaten und Pakistan gesteinigt werden.
Quelle: ntv.de