Prairie Chapel-Ranch Merkel im Wilden Westen
09.11.2007, 10:15 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel ist zu ihrem Kurzbesuch in den USA eingetroffen. Sie landete am Freitagnachmittag auf der Militärbasis Fort Hood in Texas. Anschließend sollte Merkel mit dem Hubschrauber zur Ranch von US-Präsident George W. Bush in Crawford weiterfliegen.
Merkel und Bush werden 21 Stunden gemeinsam mit ihren Ehepartnern auf dem Anwesen verbringen. Hauptthema der politischen Gespräche wird der Atomstreit mit dem Iran sein. Daneben wird es um den Nahost-Konflikt, die Zukunft des Kosovos, den Klimaschutz, die internationalen Afghanistan-Einsätze und eine Reform des UN-Sicherheitsrats gehen.
Mit der Einladung auf die Ranch, die als besonderes Zeichen der Verbundenheit gilt, revanchiert sich Bush für einen Besuch in Merkels Wahlkreis um die Hansestadt Stralsund im Sommer 2006. Seit mehr als zwei Jahren war kein ausländischer Staats- oder Regierungschef mehr in Crawford zu Gast.
Das Treffen findet in einem privaten Rahmen statt. Merkel wird auch von ihrem Ehemann Joachim Sauer begleitet. 21 Stunden werden Bush und Merkel gemeinsam mit ihren Ehepartnern auf dem Anwesen verbringen. Eine Einladung von Bush auf seine "Prairie Chapel"-Ranch in der Steppenlandschaft des ehemaligen Wilden Westens gilt als besonderes Zeichen der Verbundenheit und ist ein weiterer Beleg für das gute persönliche Verhältnis zwischen Bush und Merkel. In seinen fast sieben Amtsjahren hat Bush nur wenige ausländische Politiker mit einer solchen Geste gewürdigt. Seit mehr als zwei Jahren war kein ausländischer Staats- oder Regierungschef mehr in Crawford zu Gast. Bush kaufte die "Prairie-Chapel Ranch" in der Nähe der 700-Seelen-Gemeinde Crawford 1999, als er noch Gouverneur von Texas war. Das 648 Hektar große Anwesen ist sein privater Rückzugsraum, aber auch Bühne für die Weltpolitik.
Revanche für Schwein am Spieß
Mit der Einladung auf seine Ranch in Texas revanchiert sich Bush für die Begegnung mit Merkel im vorpommerschen Trinwillershagen vom Juli 2006. Dort fand das mittlerweile für die Region fast legendär gewordene Wildschweinessen statt. In diesem Sommer gab es beim G-8-Gipfel in Heiligendamm ein Wiedersehen der beiden Ehepaare im größeren Kreis. Beim G-8-Gipfel in Heiligendamm leitete Sauer das Partnerprogramm, das früher einmal Damenprogramm genannt wurde.
Gemeinsame öffentliche Auftritte von Angela Merkel und Joachim Sauer sind sehr selten. Dass die Bundeskanzlerin ihren Ehemann mit auf eine dienstliche Auslandsreise nimmt, ist sogar die absolute Ausnahme. In den ersten zwei Jahren ihrer Amtszeit hat Merkel mehr als 30 Länder besucht, einige sogar mehrfach. Nur vier Mal wurde sie von ihrem Mann begleitet. Zum Neujahrskonzert in Wien, zu einem Besuch beim britischen Premierminister Tony Blair in London und zur Saisoneröffnung der Mailänder Scala reiste der öffentlichkeitsscheue Chemiker Sauer mit. Die bisher längste gemeinsame Dienstreise ins Ausland war ein 24-stündiger Besuch in Polen im März dieses Jahres. Merkel und Sauer reisten nach Warschau und waren dann im Ferienhaus von Präsident Lech Kaczynski auf der Halbinsel Hela bei Danzig zu Gast.
Ernste Themen in lockerer Atmosphäre
Merkel will in Crawford auf eine diplomatische Lösung des Atomstreits mit dem Iran dringen. In den vergangenen Wochen hat sich der Ton zwischen Washington und Teheran deutlich verschärft. So warnte Bush mit Blick auf das iranische Atomprogramm vor einem Dritten Weltkrieg. Bis zum 15. Dezember soll der Iran der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) alle noch ausstehenden Fragen zu seinem Atomprogramm beantworten. Anschließend wird der UN-Sicherheitsrat über neue Sanktionen entscheiden.
Auch bei anderen internationalen Themen stehen in den nächsten Wochen wichtige Termine an. Bis zum 10. Dezember müssen Serben und Albaner ihre Verhandlungen über den künftigen Status der Provinz Kosovo abschließen. Ende November oder Anfang Dezember findet in Annapolis im US-Staat Maryland eine Nahost-Konferenz statt, an der Palästinenser, Israelis und arabische Vertreter teilnehmen. Ziel der Konfliktparteien und der USA ist es, noch vor dem Ende der Amtszeit Bushs in gut einem Jahr einen Friedensvertrag zu Stande zu bringen.
In der ersten Dezemberhälfte werden die Umweltminister der Vereinten Nationen auf der indonesischen Insel Bali die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll vorbereiten, das 2012 ausläuft. Die USA nehmen als größter Produzent von Treibhausgasen eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen um besseren Klimaschutz ein.
Bush will Merkels UN-Ambitionen nicht aktiv unterstützen
Merkel wird ihren Besuch auch nutzen, um bei ihren Bemühungen um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat voran zu kommen. Die Chancen auf aktive Unterstützung Bushs stehen allerdings nicht besonders gut. "Das einzige Land, das ich unterstützt habe, ist Japan, und das ist langjährige Politik der USA, an die ich mich halte", bekräftigte der US-Präsident erst am Dienstag in einem Interview.
Die Kanzlerin hatte im September vor der UN-Vollversammlung den deutschen Anspruch auf einen ständigen Sitz im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen klar formuliert. Ohne die USA, die zu den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats zählen und damit ein Vetorecht haben, sind die Bemühungen allerdings aussichtslos.
Quelle: ntv.de