Tünche für die Koalition Merkel wertet die Denkzettel aus
05.07.2010, 14:12 UhrCDU, CSU und FDP geben sich alle Mühe, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit zu verbessen. Auf jeden Fall müsse eine neue Diskussionskultur her. Die Bundeskanzlerin selbst will sich mehr um die FDP kümmern. Die Frage nach einem Führungsproblem beantworten die Koalitionäre mit einem klaren Nein.
Die schwarz-gelbe Koalition will nach der Schlappe bei der Bundespräsidentenwahl zusammenrücken und klare Positionen beziehen. Ein Führungsproblem hat Bundesregierung nach Meinung ihrer Vertreter aber nicht. "Ich sehe, dass wir uns für das eine oder andere Thema mehr Zeit hätten nehmen können", sagte der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, der "Rheinischen Post". Man habe bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2009 sehr schnell zu Ergebnissen kommen wollen. "Das heißt nicht, dass wir jetzt nicht mehr zu guten Entscheidungen kommen, wir brauchen nur mehr Diskussionen dafür." In der Debatte über den von der Koalition eingeführten ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Hotels zeigte sich Müller offen für einen Kurswechsel: "Der Koalitionsvertrag ist eindeutig: Wir stellen alle Ermäßigungen auf den Prüfstand und untersuchen die jeweiligen Wirkungen."
Merkel zu Gast bei der FDP
Angesichts der großen Unzufriedenheit im Regierungslager will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stärker um die Zustimmung des Koalitionspartners FDP kümmern. Nach Angaben aus Parteikreisen wird Merkel am Dienstag an der Sitzung der FDP-Bundestagsfraktion teilnehmen. Es wäre ihr erster offizieller Besuch bei den Liberalen seit der Regierungsübernahme im Herbst 2009. In der Sitzung solle Merkel die Möglichkeit erhalten, ihren Regierungskurs zu erläutern. Zugleich wolle die Kanzlerin zu den Fragen der FDP-Abgeordneten Stellung nehmen.
Kauder holt die Kohlen aus dem Feuer
Für die hohe Zahl der Abweichler bei der Bundespräsidentenwahl machte Unions-Fraktionschef Volker Kauder das Erscheinungsbild der gesamten Regierungskoalition verantwortlich. "Wenn, dann richtet sich der Unmut gegen die Koalition insgesamt. Die Kanzlerin bemüht sich wirklich darum, die Leute einzubinden", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen einfach besser werden." Kauder fügte hinzu, die Kanzlerin brauche deswegen im Bundestag nicht die Vertrauensfrage zu stellen: "Nur wer zweifelt, ob er das Vertrauen hat, stellt die Vertrauensfrage. Angela Merkel aber hat das Vertrauen der Fraktion."
"Es gibt kein Führungsproblem"
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen pflichtete Kauder zu. "Müssen enger zusammenrücken und klare Positionen beziehen", sagte von der Leyen in Berlin. Wenn hinsichtlich der Wulff-Wahl "ein Denkzettel ausgeteilt worden ist, dann ist er für die gesamte Regierung und die christlich-liberale Koalition", so die Ministerin. Kanzlerin Merkel habe keinesfalls ein Führungsproblem. Stattdessen "müssen wir uns eindeutig positionieren". Die Herausforderungen seien der demografische Wandel, der Fachkräftemangel und Bildungsaufgaben.
Auch Nordrhein-Westfalens scheidender Ministerpräsident Jürgen Rüttgers rief die CDU zu einem besseren Zusammenhalt auf. Für die Entwicklung der Partei sei es enorm wichtig, dass wieder das Gefühl entsteht, für gemeinsame Ziele zu kämpfen und gemeinsam Positionen zu verteidigen "und insofern klar ist, wofür die CDU steht", sagte Rüttgers in Berlin. Auf die Frage, ob die CDU mit ihrer Vorsitzenden ein Führungsproblem habe, sagte Rüttgers: "Ich halte das für falsch, auch für nicht angemessen. Das sind immer die alten Debatten."
Quelle: ntv.de, ppo/rts/dpa/AFP