Konferenz zum Syrien-Krieg "Mit Assad gibt es keinen Frieden"
31.10.2015, 12:06 Uhr
Assad und Putin bei ihrem Treffen im Oktober in Moskau
(Foto: AP)
Wie lässt sich der Syrien-Krieg beenden? Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour spricht im Interview mit n-tv.de über den neuen Einsatz von US-Elitesoldaten und den Syrien-Gipfel in Wien. Er sagt: "Wir müssen wegkommen von der Frage, ob sich am Ende der Russe oder der Amerikaner durchgesetzt hat."
n-tv.de: Die USA wollen zusätzliche Spezialeinheiten nach Syrien schicken, die den Kampf syrischer und kurdischer Kämpfer gegen den IS koordinieren sollen. Was bedeutet das für den Krieg in Syrien?
Omid Nouripour: Dia USA hatten auch in der Vergangenheit immer wieder in Syrien Spezialkräfte am Boden, vor allem zur Geiselbefreiung. Ich glaube, die US-Regierung will damit nur den Russen zeigen, dass man sich nicht alles gefallen lässt. Es soll nicht so aussehen, als ob die Russen die einzigen sind, die in Syrien eingreifen. Militärisch sehe ich substanziell keinen großen Unterschied.
Viele interpretieren den Schritt der Amerikaner als Kurswechsel.
Faktisch sehe ich das nicht. Aber mit solchen Meldungen geht die amerikanische Strategie ein Stück weit auf. So sieht es jetzt aus, als käme man aus der passiven Rolle heraus und nähme das Heft des Handelns in die Hand.
Bei einer Konferenz in Wien wird derzeit über die Lage in Syrien beraten. Wie kann eine Übergangslösung für Syrien aussehen?
Mit Assad gibt es auf Dauer keinen Frieden im Land. Die Mehrheit der Sunniten weiß, dass er für die Zerstörung der Städte und die Ermordung Tausender Familien verantwortlich ist. Entscheidend ist, dass die wichtigen internationalen Akteure in Wien miteinander reden. Das ist in den vergangenen Monaten viel zu wenig getan worden. Anlass zur Euphorie gibt es aber nicht. Es wurde viel Hoffnung enttäuscht, die Fronten sind so verhärtet, ein Durchbruch ist weit entfernt.
Wofür sind die Gespräche dann gut?
Sie sind wichtig, um das umzusetzen, das man bereits miteinander vereinbart hat. Es gibt drei UN-Resolutionen zum Thema Syrien. Eine sagt, dass die Angriffe mit Chemiewaffen restlos aufgeklärt werden und alle Chemiewaffen zerstört werden müssen. Die zweite sagt, dass Fassbomben nicht mehr abgeworfen werden dürfen. Das kann nur Assad getan haben, denn es gibt sonst keine innersyrische Luftwaffe. Auch bei diesem Thema ist bisher nichts passiert, dabei sind die Fassbomben der größte Schrecken für das syrische Volk. Die dritte Resolution enthielt die Forderung, dass die humanitäre Hilfe nicht nur nach Damaskus kommen darf. Es ist immer noch so, dass nur wenige Hilfsgüter in die Regionen kommen, in denen die aus Assads Sicht unliebsamen Menschen wohnen.
Können Russland und die USA überhaupt gemeinsam eine Lösung herbeiführen, wenn beide in Syrien ganz unterschiedliche Interessen verfolgen?
Anders geht es nicht. Im Fall von Saudi-Arabien und Iran ist die Lage ja viel dramatischer, da liegen die Zielsetzungen noch weiter auseinander. Der Konflikt in Syrien kann nur dann versiegen, wenn die regionalen und internationalen Akteure sich zusammensetzen und miteinander verhandeln. Am Ende des Tages kann man nur hoffen, dass das nicht nur Geostrategie ist und dass die Vertreter des syrischen Volkes an einer Lösung beteiligt werden
Auf Drängen Russlands und des Irans soll in der Abschlusserklärung der Wiener Gespräche stehen, dass das syrisches Volk selbst über die Zukunft des Landes entscheiden soll. Rückt der Westen damit ab von seiner Forderung, Assad aus dem Amt zu drängen?
Auch Iraner und Russen wissen, dass Assad für die Mehrheit im Land nicht mehr lange zu ertragen ist. Wir müssen auch wegkommen von der Frage, ob sich am Ende der Russe oder der Amerikaner durchgesetzt hat. Wichtig ist, was die Syrer wollen. Im Falle von Assad ist das relativ klar. Bei der Baath-Partei ist das anders, von den organisierten Kräften ist sie die stärkste. In den vergangen Monaten hat sie es geschafft, eine Stimmung zu erzeugen, die das Spiegelbild ist von den Ängsten der Sunniten: Wenn das Regime weg ist, würden die Nicht-Sunniten ja alle von Islamisten abgeschlachtet. Auch darauf muss man Rücksicht nehmen.
Mit Omid Nouripour sprach Christian Rothenberg
Quelle: ntv.de