Politik

Machtdemonstration in Syrien Moskau setzt schwere Bomber ein

Rund 46 Meter lang und gut 50 Meter breit: Mit acht leistungsstarken Luftschrauben dröhnen Bomber vom Typ TU-95MS "Bear H" (Archivbild) in ihr Einsatzgebiet.

Rund 46 Meter lang und gut 50 Meter breit: Mit acht leistungsstarken Luftschrauben dröhnen Bomber vom Typ TU-95MS "Bear H" (Archivbild) in ihr Einsatzgebiet.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Himmel über Hama und Homs tauchen ungewöhnliche Maschinen auf: Russland schickt erstmals strategische Langstreckenbomber in den Kriegseinsatz - zwei Tage vor dem G20-Gipfel in Hamburg. Dort will sich Putin mit US-Präsident Trump über Syrien unterhalten.

Russland hat nach eigenen Angaben schwere Bomber und Marschflugkörper gegen Stellungen der Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) in Syrien eingesetzt. Bei dem Angriff seien drei Munitionsdepots und eine Kommandozentrale der Islamisten in der Grenzregion der Provinzen Hama und Homs zerstört worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Beide Provinzen liegen im Westen Syriens.

Für den Einsatz in Syrien seien die Langstreckenbomber vom Typ "Tupolew 95MS" in Russland gestartet und in der Luft betankt worden, betonte ein Sprecher. Die Bomber warfen demnach Marschflugkörper des Typs Kh-101 ab, die ihre Ziele aus einer Entfernung von 1000 Kilometern anflogen. Ob die eingesetzten Flugkörper dabei den Luftraum der Türkei kreuzten, blieb unklar. Diese Art von Waffensystem könne auch mit Kernwaffen bestückt werden, hieß es aus Moskau.

Codename "Bear"

Bei den eingesetzten Bombern handelt es sich um viermotorige Propellermaschinen, die in Zeiten des Kalten Krieges als Gegenstück zu den strategischen US-Bombern vom Typ B-52 galten. Der Nato-Codename für die schweren russischen Bomber lautet "Bear". Erste Prototypen stammen noch aus den 1950er Jahren. Die neueste Version ist seit den frühen 1980er Jahren im Einsatz.

Auffälligstes Merkmal sind die doppelten Luftschrauben an den vier Triebwerksgondeln. Die Spannweite einer Tu-95 liegt bei rund 50 Metern. Damit ist der russische Bombertyp knapp drei Meter ausladender als sein US-Pendant vom Typ B-52. Ohne Auftanken kommt ein "Bear" Fachleuten zufolge etwa 10.500 Kilometern weit. Die maximale Zuladung soll US-Angaben zufolge etwa 20 Tonnen betragen. Die Version "Bear-H" ist speziell für den Transport von Marschflugkörpern ausgelegt.

Putin trifft Trump in Hamburg

Die militärische Machtdemonstration erfolgte zwei Tage vor dem G20-Gipfel in Hamburg, auf dem Präsident Wladimir Putin sich zum ersten Mal mit seinem US-Kollegen Donald Trump treffen soll. Die USA hatten im April in Reaktion auf den Chemiewaffenangriff auf die Ortschaft Chan Scheichun einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien mit 59 Marschflugkörpern vom Typ "Tomahawk" angegriffen. An dem massiven Luftschlag waren zwei US-Zerstörern beteiligt, die die Tomahawks von ihren Positionen im östlichen Mittelmeer aus Richtung Syrien gestartet hatten.

Bei dem Treffen von Putin und Trump in Hamburg soll nach russischen Angaben auch ausgelotet werden, inwieweit die beiden Staaten gemeinsam in Syrien gegen den IS vorgehen können. Bei den von Moskau unterstützten Syrien-Gesprächen in Kasachstan konnten sich die Garantiemächte Russland, die Türkei und der Iran nicht auf eine Stärkung der sogenannten Sicherheitszonen in dem Kriegsgebiet einigen. Die Türkei habe um zusätzliche Zeit für die Planungen gebeten, sagte der russische Chefunterhändler Alexander Lawrentew. Die USA sind an diesen Verhandlungen nicht offiziell beteiligt.

Streit bei den Astana-Gesprächen

Teilnehmer des Treffens schildern die Entwicklung ganz anders als Lawrentew. Nach Angaben des syrischen Chefunterhändlers, UN-Botschafter Baschar al-Dschafari, soll die Türkei eine endgültige Absprache über die Zonen behindert haben. Die Türkei habe während der Verhandlungen eine negative Position eingenommen, zitierte ihn die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana Al-Dschafari. Er warf der Delegation eine "Politik der Erpressung" vor, nannte jedoch keine Einzelheiten aus den Gesprächen.

Bereits im Mai hatten sich die Garantiemächte auf die Einrichtung von Schutzzonen verständigt, in denen einen Waffenruhe herrschen sollte. Die Feuerpause ist jedoch brüchig. Eigentlich wollten Russland, die Türkei und der Iran bei dem zweitägigen Treffen in Astana mit einem Teil der syrischen Konfliktparteien Einzelheiten besprechen und offene technische Details klären.

Schon mehr als 400.000 Tote

Es war bereits die fünfte Runde der Astana-Gespräche in diesem Jahr. Russland, die Türkei und der Iran haben die Treffen vermittelt. Neben Vertretern von Regierung und Opposition waren auch der UN-Sondervermittler Staffan de Mistura und ein ranghoher US-Diplomat angereist. Die Gespräche in Kasachstan sollen den UN-geführten Friedensprozess in Genf unterstützen.

In Syrien tobt seit rund sechs Jahren ein Bürgerkrieg. Mehr als 400.000 Menschen wurden in dem Konflikt getötet, Millionen vertrieben. Bereits am kommenden Montag (10. Juli) soll die nächste Gesprächsrunde in der Schweiz stattfinden. Eine Arbeitsgruppe werde Anfang August im Iran tagen und weitere Details zu den Sicherheitszonen ausarbeiten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Garantiemächte. In Kasachstan wollen sich die Teilnehmer der Astana-Gespräche erst Ende August wieder treffen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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